Schutz des geistigen Eigentums

Wie verzweifelt muss ein Branchenverband sein, wenn seine Mitglieder es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen, genügend Umsatz zu machen? Der Bundesverband der Musikindustrie (www.musikindustrie.de) fährt auf seinen Internetseiten ein Bollwerk an Informationen auf, dass einem ehrlichen Musikkunden fast schummrig werden könnte vor den Augen. Würde man die Website unter Aspekten einer Google-Optimierung betrachten, käme man auf folgende Keywords: Raubkopierer, illegale Downloads, Internet. Andere Inhalte rücken derzeit sehr weit in den Hintergrund.
Der Knüller findet sich allerdings im Kopf der Website. Oben links prangert ein Zähler:

100.846.950 illegale Downloads wurden seit dem 01.01.2008 gezählt. Fantastisch. Woher hat der Branchverband der Musikindustrie diese Zahlen? Man könnte den Zähler auch uminterpretieren: 151.270.425,- Euro entgangener Umsatz (bei 1,50 Euro pro Musiktitel).

Ja, die bösen Raubkopierer. Darüber wird man auf den Internetseiten des Bundesverbandes ganz genau aufgeklärt. Illegale Downloads so die Musikindustrie bringen „Vorteil für wenige – Schaden für alle„.
Wo war hingegen die Musikindustrie, als bereits in vergangenen Jahren „illegal“ CDs, MCs und Schallplatten kopiert wurden und auch Radiosendungen aufgenommen wurden? Man bekommt das Gefühl, nur weil es jetzt alle können, ist es illegal und schadet der Industrie.

In einem offenen Brief (PDF-Dokument) haben nun 200 Künstler und Prominente aus dem Bereich Musik, Film und Buch eine Petition an die Bundeskanzlerin geschrieben. Was diese Personen damit erreichen möchten? Ziel ist, dass die Regierung (endlich) die Provider dazu verpflichtet, entsprechende Kontrollmaßnahmen des Internetverkehrs einzuführen. Die Pläne gehen soweit, dass „Gesetzesbrecher“ nach wiederholt illegalem Download von Musik oder Filmen von ihrem Provider gesperrt werden sollen. Dies wäre Zensur in Reinform. Willkommen in der Bananenrepublik Deutschland.

Was die Musikindustrie allerdings in ihrer Ansprache verkennt, ist die Tatsache, dass man einen Verbraucher nicht zum Konsum zwingen kann. Schön ist zu sehen, dass es innerhalb der Branche auch andere Stimmen gibt. So hält es bspw. Dieter Bohlen für falsch, dass durch die geplanten Gesetze ganze Schulhöfe kriminalisiert werden. Auch ein Farian Urlaub (von den Ärzten) findet das Gejammer der Konkurrenten für weltfremd; sie würden die Zeichen der Zeit falsch interpretieren und alten Geschäftsmodellen hinterher rennen.
Ob nun wiederkehrend der falsche Therminus „Raubkopie“ verwendet wird, oder ob alle Tauschbörsennutzer per se nur illegale Inhalte herunter laden, die Musik- und Filmindustrie befindet sich seit Jahren in einer starken Rezzession. Bis dato hat diese Industrie leider kein Rezept gefunden, um die alten Höchststände beim Umsatz erneut zu erklimmen. Statt auf Qualität zu setzen, predigt man statt dessen den Untergang des geistigen Eigentums und instrumentalisiert Politik und Medien, um durch Abmahnungen den entgangenen Umsatz aufzustocken.

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