Es ist die Zeit der Feiertage, an denen die ganze Familie zusammen kommt. Die Oma sitzt ebenso am Tisch der Familie wie die eigenen Kinder und die Enkelkinder. Man genießt zusammen das Festessen, redet viel, spielt mit dem Nachwuchs und irgendwann drängt es einen vor den Fernseher. Doch was tun, wenn nur ein Gerät im Haus zur Verfügung steht? Die Eltern möchten am liebsten den Tatort sehen, die Oma statt dessen die „Helene-Fischer-Show“ und die Kinder auf alle Fälle „Madagascar 3„. Ein Dilemma. Aber zum Glück befinden wir uns im 21. Jahrhundert und im Zeitalter des Internets.
Laptop, Tablet, Smartphone. Empfangsgeräte für den mobilen TV-Empfang gibt es viele. Und zwischenzeitlich bieten auch alle TV-Sender entsprechende Apps für die unterschiedlichen Geräte an. Die ARD und das ZDF haben ihre Mediatheken, bei der Sendergruppe von RTL heißt die App „RTL Now“ und für Pro7, kabel eins und SAT.1 heißt das Programm „7TV„. Bei allen gemeinsam sind die Funktionalitäten. Man kann sich entweder eine alte Sendung aus dem Archiv anschauen, oder das Live-Programm genießen.
Bei den Öffentlich-Rechtlichen ist jede Sendung ohne Werbung zu sehen. Nur beim Live-Programm sieht man die eventuell eingespielte Produktunterstützung. Bei den Privaten wie RTL oder Pro7 ist prinzipiell jeder Abruf mit Werbeeinblendungen verbunden. Dies hängt aber sehr von Uhrzeit und Prominenz der Sendung ab. Beim Live-Empfang hingegen sieht man die selbe Werbung wie beim Blick in die Glotze.
Zurück zum geäußerten Wunsch über eine dieser Apps das aktuelle Programm zu sehen. Weil der Rest der Familie partout nicht das sehen möchte, worauf man selber gerade Lust hat. Die Wahl fällt auf das Live-TV von Pro7. Also lade ich dazu die 7TV-App für mein Tablet herunter. Die Installation verläuft gewöhnlich problemlos. Schnell verstehe ich, wie in den Sender auswählen kann. Ich hätte die Wahl zwischen Pro7, SAT.1, kabel eins, sixx, Pro7 MAXX und SAT.1 Gold. Einen Klick später habe ich den Button für das Live-TV gefunden. Doch was muss ich lesen? „Bitte registrieren Sie sich„.
Man fragt sich im ersten Moment etwas verwundert, wieso man für ein frei empfangbares Produkt seine Email-Adresse angeben muss. Ohne Registrierung geht kein Live-TV. Nach einer kleinen Recherche wird klar: die Privaten wollen für diesen Service Geld sehen. Für den Live-Blick soll man bei Pro7-Sat1-Kabel1 stolze 2,99 Euro pro Monat zahlen. Für die RTL-VOX-Sender werden für das Live-TV etwas günstigere 1,79 Euro pro Monat fällig.
Free-TV war einmal. Die „Privaten“ schöpfen an immer mehr Stellen das Geld von den Zuschauern ab. Die erste große Hemmschwelle wurde mit der Einführung von HD-plus überwunden. HD-plus kostet pro Monat 5 Euro. Zudem ist ein HD-fähiger Reciever notwendig. Nun kommt der mobile Empfangsweg mit circa 2 Euro pro Monat hinzu. Die „Privaten“ sind mit diesen unterschiedlichen Gebühren auf dem besten Weg zur Monatspauschale der Öffentlich-Rechtlichen (ab 2015: 17,50 Euro).
Wieso das Live-TV nicht kostenfrei zu empfangen ist, dafür haben P7S1 und RTL durchaus kreative Antworten.
Bei 7TV: „Die Bereitstellung und das Streaming der TV Signale auf mobilen Endgeräten ist leider aufwendig.“
Bei RTL NOW: „Die RTL NOW App enthält dafür nun zusätzlich viele neue Funktionalitäten: [..]“
HD-plus ist eine normale Weiterentwicklung der Fernsehtechnik. Dennoch verkaufen die „Privaten“ diese Technik für teures Geld. Und seit jeher sorgen die Fernsehanstalten für eine möglichst flächendeckende Versorgung per Satellit, Kabel und Funkantenne. Jeder Übertragungsweg kostet Geld, aber den Sendern ist eine möglichst flächendeckende Verbreitung wichtig. Ihr Fernsehprogramm wird schlussendlich über Werbung finanziert. Je mehr Personen ein Programm sehen (können), desto höher können die Werbegelder angelegt werden.
Der relativ einfache Verbreitungsweg über das Internet soll jedoch – von den Kosten betrachtet – aufwendig und damit teuer sein. Wieso? Für den Weg durch das Internet zahlen die „Privaten“ nichts, für die Empfangsgeräte ebenso nichts. Sie müssen nur einen Server mit genügend Kapazität ins Land stellen. Da es aber offensichtlich genügend Idioten gibt, welche bereitwillig für das Werbefernsehen auch noch zusätzlich Geld bezahlen, funktioniert der Nepp mit der App-Gebühr.
Das Privatfernsehen wurde am 1. Januar 1984 mit dem ersten regulären Sendebetrieb gestartet. Seit jeher finanziert sich das Privatfernsehen über Werbung. Diese Definition war seit jeher geläufig. Doch nun gilt sie nur noch eingeschränkt. Privatfernsehen heißt immer mehr: Zahlen fürs Werbefernsehen. In etlichen Jahren wird man die „Privaten“ nur noch hinter einer Bezahlschranke sehen können. Ob es dann immer noch die Werbung inklusive geben wird? Ganz sicher!