Daten-Dämmerung im Internet-Land

Rechtsstaaten zeichnen sich dadurch aus, dass die „schmutzige“ Arbeit von Geheimdiensten erledigt wird. Auf rechtlich gesicherter Grundlage werden weltweit Telefonverbindungen abgehört und Datennetze kontrolliert. Da Geheimdienste per Definition im Geheimen agieren, hat der mündige Bürger weder Einblick in die Arbeitsweise noch in Art und Umfang der kontrollierten Daten.

Bis vor wenigen Tagen war PRISM nur einer begrenzten Zahl an Personen bekommt. Heute weiß die komplette Welt, dass hinter der kryptischen Bezeichnung PRISM ein streng geheimes und von der amerikanischen National Security Agency (NSA) geführtes Programm zur Überwachung und Auswertung von elektronischen Medien sich befindet. Bekannt wurde die Enthüllung durch den Whistleblower Edward Snowden, ein 29-jähriger Techniker der für einen externen Dienstleister tätig ist; oder man sollte eher sagen: war. Denn nach seinem Geheimnisverrat im „Guardian“ befindet sich der junge Mann auf der Flucht.

Die NSA samt PRISM beschäftigt ca. 40.000 Mitarbeiter. Das jährliches Budget liegt zwischen acht und zehn Milliarden Dollar. In Utah entsteht ein neues Rechenzentrum für zwei Milliarden Dollar auf einer Fläche von circa 100.000 Quadratmeter. Im März diesen Jahres wurden beispielsweise 97 Milliarden Daten-Einheiten aus Computer-Netzwerken in aller Welt gesammelt. Betroffen sind prinzipiell alle großen Telefonnetze von AT&T, Verizon sowie die Internet-Dienste von Google, Facebook, Microsoft, Yahoo und Apple.

Interessant sind die eher schwachen Dementi von Larry Page (Google) sowie Mark Zuckerberg (Facebook). Die NSA hätte keinen direkten Zugang zu Nutzerdaten. Doch vielleicht einen indirekten Zugang? Außerdem hätte man in der Vergangenheit über „separate, sichere Portale“ diskutiert. Ob sie jemals umgesetzt wurden, lassen die Internet-Konzerne ebenso offen wie die US-Regierung.
Ebenso interessant ist auch die Arbeitsweise des NSA. So sollen keine amerikanischen Bürger abgehört werden, außer es besteht der Verdacht auf einen terroristischen Hintergrund. Woher weiß man im Voraus, wer später ein Terrorist wird und wer nicht? Prinzipiell gehen alle Anfragen des NSA an das FBI. Das FBI kontrolliert, ob es es sich nicht um einen amerikanischen Staatsbürger handelt und leitet die Suchanfragen an die Internet-Dienste weiter. Doch woran erkennt das FBI, ob eine Mailadresse wie „p2013@googlemail.com“ einem Amerikaner oder einem Nicht-US-Bürger gehört?

Bei Twitter werden die Hashtags #NSA und #Verizon sehr oft im Zusammenhang mit „fuck you“ verwendet. Dennoch steht die Bevölkerung der USA eher gespalten zu dem Spähprogramm und zur Generalüberwachung allgemein. Laut einer Umfrage finden 45 Prozent, dass die Regierung jedermanns E-Mail überwachen darf, sofern es der Überwachung und Kontrolle von terroristischen Aktivitäten dient. Auf der anderen Seite lehnen 52 Prozent jegliche Überwachung ab.

Datenschutz ade! Die persönlichen Daten waren noch nie so flüchtig wie heute. PRISM zeigt eindrucksvoll, dass die Regierung nach den Daten aus den sozialen Netzen leckt wie ein Bär nach Honig. Mit der allgemeinen Rechtfertigung der Terrorismusbekämpfung lässt sich jede Überwachungsmaßnahme finanzieren, koste es was es wolle. Zudem braucht man beim Thema Terrorismus keine Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte nehmen. Google, Facebook und Co. sind die größten Daten-„Staubsauger“ und wecken damit gierige Begehrlichkeiten bei der Regierung. Wir – die Nutzer – liefern bereitwillig die Daten und sind nun darüber empört, dass wir alle als potentielle Terroristen betrachtet werden.

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