Wie man nachts gute Geschäfte macht …

Kaiser’s und Reichelt machen es vor: viele Supermärkte dieser beiden Ketten haben in Berlin ab sofort täglich von 8 Uhr morgens bis 24 Uhr nachts geöffnet. Den Kunden freuts, die Konzerne vielleicht auch – sofern die Umsatzzahlen stimmen, nur die Gewerkschaften laufen Amok. Die Mitarbeiter hinter der Kasse werden weit unter Tarif bezahlt. Wen kümmerts, denkt man …

Bei Reichelt wechselt punkt 19 Uhr das Stammpersonal. Danach sitzen Leiharbeiter der Zeitarbeitsfirma ISS an der Kasse. Um ein Uhr nachts kommt dann ein weiteres Team von ISS und füllt die Regale auf. Bei Kaiser’s sieht es nicht viel anders aus. Um 20 Uhr kommt die Leiharbeiter des Personaldienstleisters Easy-Work, leicht zu erkennen an den blauen Polo-Shirts.

Billige Arbeitskräfte
Beide Unternehmen bekräftigen, dass diese Zeitarbeiter nur bei Engpässen eingesetzt werden. Wenn man sich das Treiben zu nächtlicher Zeit allerdings genauer anschaut, stellt man schnell fest, dass nur noch Arbeiter dieser Personaldienstleister zum Zuge kommen. Ein festangestellter Verkäufer bekommt tarifvertraglich 12,36 Euro pro Stunde. Nach 18:30 Uhr müssten die Arbeitgeber 20 Prozent drauflegen, nach 20 Uhr sogar satte 50 Prozent (18,54 Euro/Stunde). Dass sich dies bei den verlängerten Öffnungszeiten  wirtschaftlich nicht rechnet, dürfte jedem klar sein. Daher setzt man liebend gern diese Aushilfen ein, denn dieser erhalten nur 6,25 Euro pro Stunde. Ein Leiharbeiter bekommt an einem 4-Stunden-Abend einen Lohn von 25 Euro statt 74,16 Euro eines Festangestellten.

Spät einkaufen auf Kosten der Arbeitnehmer
Die Rechnung geht leider nur für die Konzerne auf. Sie halten ihre Läden länger geöffnet, hoffen damit auf steigende Umsätze, sparen aber hinter rum massiv bei den Personalkosten. Anders sind die Öffnungszeiten bis spät in die Nacht auch nicht realisierbar.
Dem Kunden ist dies egal. Hauptsache man kann auch um 23 Uhr noch die abgepackte Portion Hackfleisch oder das gekühlte Bier einkaufen. Wie es den Bediensteten an der Kasse geht, interessiert dabei niemanden. Mit dieser Haltung beschleunigen wir allerdings die weitere Spaltung der Gesellschaft. Keiner kann von einem Stundenlohn von 6,25 Euro überleben. Die Kunden hätten höchst wahrscheinlich auch kein Einsehen für einen Nachtzuschlag. Wer eben später einkaufen möchte, müsste dafür bspw. 5 Prozent Zuschlag zahlen. Dann könnte die Rechnung für höherere Löhne eventuell auch wieder aufgehen. Doch da denkt wohl jeder nur gern an sich.
Das Einkaufen in der Nacht wird auf dem Rücken der Angestellten ausgetragen. Sie haben die Wahl zwischen nichts verdienen und 25 Euro pro Abend. Eine bittere Pille.

Konzerne zeigen verdi die rote Karte
Den Lebensmittelkonzernen ist die missliche Lage bewusst. Auch zu den angekündigten Warnstreiks geben sie sich gelassen. verdi wird dabei als Spielball und zugleich als Buhmann benutzt. Die Gewerkschaft zeigt sich offensichtlich unnachgiebig in den Forderungen zu niedrigeren Nachtzuschlägen. Laut verdi wäre man zu keinen Kompromissen bereit. Notfalls würde man die Streiks ausweiten.
Die Konzerne sehen nur den einen Ausweg: Festangestellte werden gegen Abend so weit wie möglich durch billigere Leiharbeitskräfte ersetzt. Nun ist die spannende Frage, wer den schwarzen Peter hat. Ist verdi der Blockwart oder sind es die Konzerne?

Niemand möchte für 6,50 Euro pro Stunde arbeiten. Seien Sie als zumindest freundlich zu der Dame oder dem Herrn an der Nachtkasse; oder schenken Sie ihr/ihm zumindest ein Lächeln.

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