Landwirte als letzte Bastion sozialer Marktwirtschaft?

Der Beruf des Landwirts, oder auch Agrarwirts, ist so unattraktiv wie das frühe Aufstehen. Und dann verdienen Landwirte auch extrem schlecht; zumindest wenn es um die gefühlte Stimmungslage geht. Oder haben Sie schon einmal einen Bauern sagen hören: „Mein Betrieb läuft prächtig!“ Nein, jammern gehört bei den Bauern zum Handwerk ebenso wie das frühe Aufstehen.

Kaum ist der Milchstreik vom Tisch droht neuer Ungemach. Die Handelsketten wollen (unter Umständen) nicht den vollen Aufschlag an die milchverarbeitenden Betriebe weiter reichen. Vom Zuschlag ausgenommen sind Milchprodukte wie Käse, Joghurt, Butter usw. Diese machen übrigens den Hauptanteil an der Milchverarbeitung aus. Der Milchbauern-Verbandes BDM kritisiert schon jetzt eine Diktatur beim Milchpreis. Doch wo steckt die Realität im System?

Landwirte leben von den staatlichen Subventionen. Die EU vergibt Jahr für Jahr mehr als 6 Milliarden Euro an Subventionen für die Agrarwirtschaft. Hinzu kommen die Agrarsubventionen von Bund und Länder. Das Land Niedersachen vergibt an seine Landwirte bspw. rund eine Milliarde Euro an Subventionen. Doch für was werden diese Agrarfördermittel verwendet und wer erhält sie? Darüber gibt es keine (genaue) Auskunft. Denn die vielen Milliarden werden nach dem freien Gießkannenprinzip verteilt. Jeder Bauer kann einen Antrag auf Agrarförderung stellen. Und Subventionen gibt es für alle möglichen Fälle: für die Anschaffung von Maschinen, für Haus und Hof, für Felder ob bewirtschaftet oder still gelegt, für die Produktion vpn Erzeugnissen (unter anderem auch für Milch), für jegliche Bewirtschaftung von Anlagen (ob Baumschulen oder Steinmauern). Manche Formulare (PDF) erinnern zwar stark an Bürokratie, doch wenn es ums Geld geht, ist jedem Bauer der Aufwand wert.

Fakt ist, dass Landwirte noch nie das Bedürfniss hatten, wirtschaftlich zu handeln. Sie müssen sich zwar stets um Subventionen bemühen und ihren Hof nach betriebswirtschaftlichen Vorgaben führen. Doch solange es von oben manigfaltig Geld in Milliardenhöhe regnet, droht keine Notwendigkeit streng ökonomisch zu wirtschaften. Doch genau jene Berufsgruppe kritisiert nur die freie Wirtschaft als Diktatoren des Preishandels. In gewisser Weise kann man Einsicht haben mit dem Leben eines Bauern. Viel kommt am Ende des Monats wahrscheinlich nicht rüber. Es gibt mit Sicherheit attraktivere Berufe, in welchen die Verdienstmöglichkeiten höher sind. Doch wenn man nie erlernt hat, wirtschaftlich zu handeln, verliert man sich irgendwann im Sumpf der Subventionen.

Staatliche Subventionen sind wichtig und richtig. Nur durch diese kann gewährleistet werden, dass wir auch morgen ausreichend Mehl, Milch und Zucker zur Verfügung haben. Doch wenn Fördergelder zur Verlockung werden, gerät das System schnell ins Wanken. Denn wer sich erst einmal an die ständige Förderung gewöhnt hat, möchte sie ungern wieder abgeben. Schließlich kalkuliert man seit Jahren mit dem freien Geldfluß der Subventionen. Ein Abbau oder eine komplette Streichung würde viele landwirtschaftliche Betriebe in den Riun treiben. Doch prinzipiell gesehen ist dieses Problem hausgemacht.
Es wird Zeit, dass die großen Subventionssummen überdacht werden. Auch wird es dringend nötig, dass der Geldfluss kontrolliert wird. Es kann nicht sein, dass Deutschland jedes Jahr über sechs Milliarden an die EU überweist, ohne dafür einen (zumindest) ungefähren Nachweis zu erhalten. Viele Euros versickern bei der Agrarsubvention in unbekannten Löchern. Und wenn Sie das nächste Mal einen Landwirt treffen, fragen Sie ihn doch mal, wie gut es ihm geht und wie groß der Anteil an Subventionen bei seinem Umsatz ist. Wenn er Sie nicht spontan mit der Mistgabel jagt, haben Sie Glück gehabt.

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