Staat auf Pump

Der neue Bundeshaushalt für 2008 – anders auch Staatshaushalt genannt – ist beschlossene Sache. Der Haushalt 2008 sieht eine Nettokreditaufnahme von 11,9 Milliarden Euro vor – gegenüber 14,4 Milliarden Euro im Jahr 2007 [Quelle]. Stets wird betont, dass sich die Konjunktur besser erholt als angenommen und die Staatseinnahmen stärker steigen als berechnet. Dennoch muss der Staat immer noch mehr Schulden aufnehmen, als Einnahmen zurück fließen. Wir leisten uns seit Jahrzehnten einen Staat auf Pump.

Bei etlichen Punkten im neu verabschiedeten Bundeshaushaltsentwurf fragt man sich schon, was das soll. Die spannendste Frage ist und bleibt: Wie lange können wir uns den Staat auf Pump noch leisten?
Staatsverschuldung bis 2007Im Jahr 2007 beträgt die Gesamtstaatsverschuldung die stolze Summe von 1496 Mrd. Euro. Ausgeschrieben sind dies 1496.000.000.000 Euro. Eine unbeschreiblich gigantische Zahl. Trotz aller Schulden werden aber auch dieses Jahr wieder lustig und ohne große Skrupel 11.900.000.000 Euro neue Kredite aufgenommen.
Interessant an der Grafik ist auch zu sehen, dass es seit 1960 in keinem Jahr gelang, keine neuen Schulden zu machen. Seit 1960 geben der Staat, die Länder und Kommunen Jahr für Jahr mehr Geld aus, als sie selbst wieder erwirtschaften bzw. einnehmen.

Diagnose: bankrott!?

Bei einem Unternehmen hätte man schon vor Jahrzehnten längst den Stecker gezogen. Aus die Maus, schluss mit lustig, der Laden wird geschlossen. Bei einem Staat geht dies natürlich nicht. Hier muss man mit den Schulden leben und versuchen, diese wieder abzubauen. Doch dieser Versuch wurde seit mindestens 30 Jahren sträflichst vernachlässigt.
Nun gibt es mehrere Theorien, ob ein solch gigantischer Schuldenberg lähmend oder gar „tödlich“ für den Staat und seine Bevölkerung sich darstellt. Prinzipiell geht es auch mit Schulden vielen Bürgern recht gut. Auch die Wirtschaft kann nicht klagen. Auch der Staat selbst kann sich mit Schulden über Wasser halten. Schulden zu haben und zu machen, bedeutet allerdings auch immer, dass es irgendwo Verlierer gibt.

Die Rente ist sicher

bald am Ende. Anders kann man es nicht ausdrücken, bei dem riesigen Finanzierungsbedarf, welcher zu bewältigen ist. Der Zuschuss von 78,5 Milliarden Euro an die Rentenversicherung stellt auch 2008 knapp 30 Prozent des gesamten Bundeshaushaltes dar. [..] Im Vergleich zu den rund 16 Milliarden Euro von vor 25 Jahren entspricht der Zuschuss für 2008 nominal das Fünffache. Die Ausgaben der Rentenversicherung für sich haben sich im selben Zeitraum hingegen lediglich verdreifacht. [Quelle]
Wir verwenden 30 Prozent des Bundeshaushaltes für die Rentenkasse. Im Hinblick auf die Demoskopie wird mir für die Zukunft ganz schwarz vor Augen. Denn die Spitze ist hier noch längst nicht erreicht. Die starken alten Jahrgänge kommen erst noch in das rentenfähige Alter und im unteren Segment (20- bis 40-Jährige) wird der Geburtenzuwachs immer dünner. In ein paar Jahren werden zwei Berufstätige finanziell einen Rentner entlasten müssten. Was dies für die Rentenkasse bedeutet, möchte ich mir gar nicht ausmalen. Vielleicht werden irgendwann 50% des Staatshaushaltes direkt in die Renten fließen.

Entwicklungszusammenarbeit kontra Ausbildungsförderung

Der Staat gibt im Jahr 2008 knapp doppelt so viel Geld für die Ausbildungsförderung (1,532 Milliarden Euro) wie für die Entwicklungszusammenarbeit (670 Mio. Euro) aus. Der Entwicklungshaushalt 2008 trägt den größten Teil zum globalen Klimaschutz bei. Im kommenden Jahr werden rund 900 Millionen Euro für Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern neu zugesagt. Diese stehen vor allem für die Bereiche erneuerbare Energien und Energieeffizienz zur Verfügung. [Quelle]
Ich halte es für rühmlich, dass wir von unserem großen Staatsbudget auch Gelder in Entwicklungsländer fließen lassen. Doch wenn man bedenkt, dass in Deutschland Kinder manchmal weder richtig lesen noch schreiben können, fragt man sich berechtigt, wieso so viel Geld in die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern gesteckt wird. Auch die
Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist kläglich missraten. Da darf auch mal die hinterfragt werden, ob wir uns nicht selbst zu einem Zweiklassen-Entwicklungsland entwickeln. Zurück zu einem Industrie- und Schwellenland? Bildung ist wichtig. An dieser Position sollte man nicht sparen, doch genau dies hat man die letzten Jahre getan. Die Quittung dafür haben wir bereits kassiert. Fragen Sie mal einen Ausbildungsbetrieb nach den Qualifikationen der Bewerber. Ihnen wird schwarz vor Augen, wenn sie die Ergebnisse sehen.

30 Milliarden Euro für die Verteidigung

Oder sollte man eher treffend sagen: 30 Milliarden Euro für humanistische Kriegshilfe. Denn was hat unser Land groß zu verteidigen? Wir sitzen mitten in der EU und im Machtkampf zwischen den USA und Russland spielen wir eh eine untergeordnete Rolle.
– ca. 11 Mrd. Euro sind Personalausgaben eingeplant
– verteidigungsintensiven Ausgaben schlucken 7 Mrd. Euro (für militärische Beschaffungen und die militärischen Anlage)
– für die internationalen Einsätze sind
640 Mio. Euro veranschlagt
– den ungefähre Rest von 11 Mrd. Euro entfällt auf die Bereiche Materialerhaltung und Betreiberlösungen
„Krieg spielen“ war und ist für viele Herren schon immer ein tolles Gefühl gewesen. 10% des Staatshaushaltes alleine für die Verteidigung sind keine Kleinigkeit. Aber Verteidigung ist wichtig – schon alleine im Hinblick auf die weiteren Aufgaben, welche der Bundeswehr
eventuellen bald ins Haus stehen. Geht es nach den Wünschen von Herrn Schäuble, soll die Bundeswehr auch für die innere Sicherheit eingesetzt werden. Wo bleibt da noch die Gewaltenteilung? Werden Hochkriminelle und Terroristen dann im Panzer abgeführt? Wenn die Bundeswehr bald der verlängerte Arm der Polizei abgibt, wo unterscheiden wir uns dann noch von halbdemokratischen Ländern wie Russland?

6,2 Milliarden als Geschenk für die Lobby

Die eigene Wirtschaft ankurbeln ist wichtig. Ganz wichtig. Das wusste schon unser letzter Kanzler Gerhard Schröder. Aus diesem Grunde hat man die Lobby sich ins Haus geholt. Der Gedanke der schröderschen Regierung war es, den Kontakt mit der Wirtschaft und den Unternehmen zu verkürzen. Die guten Ideen der Unternehmen sollten bzw. sollen es immer noch der Regierung helfen, die richtigen Entscheidungen auf den Weg zu bringen. Lobbyarbeit nennt man dies. Dass es dabei aber nicht um den Bäcker umme Ecke gehen soll, wird bei einer Zahl ganz deutlich: Die Programme werden hier ab 2008 neu strukturiert: Kernstück ist das 2008 mit 246 Millionen Euro dotierte „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM).[Quelle]
Die restlichen 6 Milliarden Euro fließen in die „ganz großen Dinger“ aus Forschung und Entwicklung. Natürlich sind diese Bereiche nicht zu vernachlässigen. Doch wenn Herr Glos davon spricht, dass der Mittelstand der Motor der Nation sei, dann wirken die 246 Mio. Euro als Innovationsprogramm geradezu lächerlich. Der Klein- und Mittelständler hat natürlich nicht die Ressourcen für einen ausgeprägten Lobbyismus. Daher gibts eben nicht so viel vom großen Kuchen.

Ergebnis: Kein Mut zum Sparen

Unsere Bundesregierung denkt gar nicht ans Sparen. Schreiben Sie sich bitte einen Zettel mit dem Inhalt
Steinbrück sagte: „Ziel der Bundesregierung ist es, 2011 einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen. Damit würde der Bund erstmals seit 40 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt erreichen.“
und kleben diesen an ihre Kühlschranktür. Sie werden spätestens im Jahr 2010 erstaunt feststellen, dass dies eine komplette Lüge war. So wie es die letzten Jahrzehnte nur Schaumschlägerei war, wird es auch in Zukunft verlaufen. Die Staatsschulden werden unvermehrt weiter zunehmen. Man wird ihnen erzählen, dass man endlich 2015 einen ausgeglichenen Haushalt schaffen wird. Oder es kommen wieder unerwartete Tiefschläge hinzu, wie bspw. eine zurückgehende Einnahme der Einkommenssteuer oder mehr Arbeitslose oder …
In der Zwischenzeit feiern unsere deutschen Unternehmen einen Großgewinn nach dem anderen. Doch von satten Steuereinnahmen sehen der Bund und die Länder davon reichlich wenig. Denn zum einen verstehen es die Finanzjongleure in den Unternehmen vortrefflich, aus Gewinnen Schulden zu machen. Und zum anderen darf man die Betriebe ja auch nicht steuerlich zu stark belasten; die gefährdet das Wachstum.

Also lieber weiter Schulden machen und den Unternehmen ihre Gewinne lassen. Deutschland, ich liebe dich. So bescheuert sind nur wenige Staaten auf der Welt.

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