In der vorweihnachtlichen Zeit weht der Duft von Liebe und Geborgenheit durchs Land. Im Prinzip. Wenn da nicht ein paar Störenfriede der PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) für dicke Luft sorgen würden. Da kam der 9. November und die Feiern zum 25. Jahrestag des Mauerfalls gerade recht. Wir sind ein Volk.
Um die positive Stimmung etwas zu stützen, bedarf es dieser Tage einige Anstrengung. Da kommt die Nominierung der Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. gerade recht. Und was wäre passender für das positive Wir-Gefühl wie die Lichtgrenze. Licht kennt bekanntermaßen keine Grenze. Quer durch Berlin hat man mit dieser Kunstinstallation Hunderttausende auf die Straßen gelockt. Ein wunderbares Gefühl, bei diesem Ereignis mit dabei gewesen zu sein. So etwas muss gewürdigt werden. Zumindest mit dem Ehrentitel Wort-des-Jahres.
Etwas fragwürdig ist die Ehrung dennoch. Das Wort „Lichtgrenze“ war höchstens für zwei Wochen in den Medien präsent. Davor hat niemand von einer Lichtgrenze gesprochen und nach dem 9. November war die Lichtgrenze ebenfalls sofort wieder vergessen. Was bezweckt man also mit der Ehrung eines prinzipiell kurzlebigen Begriffs? Bei der Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. hat man folgende Begründung dafür:
Nicht die Häufigkeit eines Ausdrucks, sondern seine Signifikanz bzw. Popularität stehen bei der Wahl im Vordergrund.
Interessant und kurios zugleich. Kann ein Begriff populär sein, wenn er nur selten verwendet wird? Und wie schwach kann eine Bedeutsamkeit sein, wenn der Begriff nur für ganz kurze Zeit bedeutend ist? Wir reden hier schließlich vom Wort des Jahres und nicht vom November-Highlight. Die Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. hat mit der „Lichtgrenze“ ihrem Geldgeber wohl einen Ehrendienst erwiesen. Oder war es gar der sprichwörtliche Kniefall?
Es ist das altbekannte Sprichwort: Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing. Die Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. wird finanziert aus Mitteln der Kultusministerkonferenz und der Kulturstaatsminister. Die Lichtgrenze wurde aus Mitteln des Deutschen Lotto- und Totoblocks finanziert. Lotto und Kulturförderung sind seit jeher wie eine Zweckehe zu betrachten. Der gedankliche Weg von der Lichtgrenze zur diesem Verein ist also äußerst kurz.
Auf Platz 6 landete das Wort „Willkommenskultur“, welches beispielsweise der Meinung vom Lokalkompass und auch meiner Meinung nach vielmehr ein Wort des Jahres wäre. Aber zum einen ist die „Willkommenskultur“ nicht von einem Staatsministerium finanziert. Und zum anderen würde es zu viele negative Assoziationen wecken wie Ausländer und Steuergeld. Das will doch keiner zur besinnlichen Zeit des Jahres hören.