Die private Rente dient nur der Finanzindustrie

In der ARD-Sendung „Günther Jauch“ ging es letzten Sonntagabend um das Thema „Alte an die Arbeit! Können wir uns Rentner noch leisten?“ Die Diskussionsrunde streitet um das Dauerproblem, wie die Rente finanziert werden soll. Fast alle sind sich einig, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr ausreicht. Selbst die Mutter der Nation, Ursula von der Leyen, vertritt die Meinung, dass man selbst privat mitfinanzieren muss. Die Private Rente soll die Sicherheit bei der späteren Rentenauszahlung erhöhen.

Unser Generationenvertrag ist in Gefahr; liest und hört man immer wieder. Früher haben 5 Personen einen Rentner versorgt. Heute müssen bereits 3 Personen für einen Rentner aufkommen. Dies hat zur Folge, dass die Rentenversicherungsbeiträge in den letzten Jahren gestiegen sind. Im Gegenzug erhalten heutige Rentner viel weniger gesetzliche Rente als noch vor Jahren.
1997 sprach Norbert Blühm die historischen Worte „Die Rente ist sicher“ (Video). Heute erzählen einem viele, speziell jene aus der Finanzindustrie, dass die gesetzliche Rente längst nicht mehr sicher ist. Wer nicht privat vorsorgt, dem wird es im Rentenalter schlecht ergehen. Dies klingt wie eine Drohung. Doch sie ist nicht berechtigt, da sie nur die Leute in die private Rente treiben soll.

Im Jahr 2001 waren 1,4 Millionen Bürger im Besitz einer Riester-Rente. Im Jahr 2010 sind es bereits 13,85 Millionen Riester-Verträge. Dies ist eine Steigerung von 1000 Prozent in nur 9 Jahren. Die Anbieter von Rürup- oder Riester-Renten jubeln vor Glück. Es tun sich jedoch auch Schattenseite auf. Es ist davon auszugehen, dass die Bürger im Gegenzug die Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung reduziert oder gar ganz gestoppt haben. Der Staat hat unter diesen Bedingungen ein äußerst großes Problem. Es fehlen Jahr für Jahr immer mehr Beitragszahler bzw. Einnahmen in der gesetzlichen Rente.

Ca. 80 Milliarden Euro werden pro Jahr für die Rentenzahlungen benötigt (Stand 2011). Problem Nummer 1 ist der Geburtenrückgang. Je weniger Kinder geboren werden, desto weniger Beitragszahler sind in der Zukunft vorhanden. Problem Nummer 2 stammt aus dem Arbeitsmarkt. Je weniger Personen in einem Angestelltenverhältnis stehen oder je weniger die Angestellten verdienen, desto geringer fallen die Beiträge aus. Problem Nummer 3 liegt im Finanzierungssystem. Je weniger Personen in das gesetzliche Rentensystem einzahlen, desto weniger Renten können davon ausgezahlt werden.
Die Privatrente ist somit nicht der Heilsbringer, sondern wird auf lange Zeit das soziale System des Generationenvertrages völlig an die Wand fahren. Und am Ende lacht nur einer: die Finanzindustrie, welche prächtig an den Vertragsabschlüssen verdient.

Ist die Lage wirklich so ernst, wie es und die Anbieter der Privatrente gern weismachen wollen? Ja, wenn es nach der Finanzindustrie geht. Denn je mehr zur Privatrente wechseln, desto prekärer wird die Lage. Betrachtet man sich den Anteil des Bundeszuschusses an den Ausgaben der Rentenversicherung (Blatt 15), gemessen am gesamten Bundeshaushalt, so stieg der Anteil von 18,5 Prozent im Jahr 1990 bis 26 Prozent im Jahr 2008. Der Anteil ist heute wieder so hoch wie 1965. In den wirtschaftlichen Boomjahren mit überdurchschnittlich hohen Löhnen sorgte zwischen 1970 und 1990 für eine entspannte Situation im Bundeshaushalt.

In der Sendung mit Günther Jauch gab es einen interessanten Vorschlag von Götz Aly. Er fordert die Einführung einer Einheitsrente wie in der Schweiz. In der Schweiz wird das Drei-Säulen-System praktiziert: die gesetzliche Alters- und Hinterlassenenversicherung, die kapitalgedeckte Versicherungen für die berufstätige Bevölkerung und die freiwillige private Vorsorge. So ganz unbekannt ist uns dieses System nicht. Ein entscheidender Unterschied liegt jedoch bspw. in der Beitragshöhe. Es gibt keine Deckelung. Wer viel verdient, zahlt verhältnismäßig viel. Aber seltsamerweise beschwert sich in der Schweiz niemand darüber.
Von der Schweiz lernen, heißt also weniger deren Finanzsystem lernen sondern vielmehr deren gesellschaftlicher Konsens. Dazu wird es allerdings nicht kommen. Die Lobby der Finanzindustrie opfert notfalls ein paar Provisionen aus der Riester-Rente. Schließlich ist auf diesem Gebiet sehr viel zu verdienen.

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