Das Wäsche-Abo oder nach dem Motto „Schick mir irgendwas“

Der Mode- und Schuhlieferant Zalando feiert einen neuen Umsatzrekord nach dem anderen. Otto hat eine Plattform gestartet, mit der das eigene Mode-Angebot um verschiedene Apps von externen Entwicklern erweitert werden soll. Die komplette Modebranche setzt auf das Internet, denn der Versandhandel liegt im großen Trend. Dass dabei die Retourenquote – also die Zahl der Rücksendungen – bei über 50 Prozent liegt, scheint niemanden aus der Branche sonderlich zu stören. Schließlich sind die Margen im Modesegment recht hoch.

Bei manch neuzeitlichem Problemen fragt man sich, wie man das früher geschafft hat!? So gibt es bereits seit einigen Jahren etliche Versender, die Socken im Abo oder die komplette Unterwäsche in einer Dauerwiederholung einem zusenden. Ein Anbieter wirbt mit dem Slogan „Für mehr Zeit im Leben„. Der Zeitverlust beim halbjährlichen Kauf von ein paar Unterhosen und Socken dürfte sich indes in engen Grenzen halten. Wobei man aber auch konstatieren könnte: vielen Männern ist der Schlübber egal. Denn schließlich bekommt man im Abo immer die selbe Unterbuxe zugeschickt. Eintöniger kann man eigentlich nicht leben.

Es muss diese Mischung aus Gleichgültigkeit, Überforderung und gefühlter Zeitersparnis sein, die diese seltsamen Blüten des modernen Internethandels treiben. Wir kaufen alle paar Monate ein neues Deo oder Parfum, weil wir den bisherigen Duft sprichwörtlich nicht mehr riechen können. Aber bei Unterwäsche scheint die Wechselbereitschaft nicht all so groß zu sein. Was man kennt und passt, das kauft man auch ein zweites, drittes und auch ein viertes Mal. Oder lässt es sich, wie bereits beschrieben, im Abo permanent immer wieder zusenden.

Zuerst wird und das Denken abgenommen und dann das Handeln

Was mit Unterwäsche funktioniert, klappt auch mit Klamotten. So zumindest der Ansatz einer relativ neuen Idee. Unternehmen wie Outfittery oder Modomoto buhlen um den unselbständigen Kunden. Sie bewerben ihre Plattformen mit Slogans wie „Männer-Outfits, für Sie persönlich zusammengestellt“ oder „Gut gekleidet ohne Shopping„. Wem bereits früher die Mutti bis ins Erwachsenenalter die Klamotten rausgelegt hat, der wird an diesen Portalen seine wahre Freude haben. Passt das hellblaue Hemd zur dunkelbraunen Kordhose? Ist die Chino oder eher die Buntfaltenhose für den persönlichen Typ passend? Nicht fragen, einfach das zugeschickte Ensemble anziehen und alles ist gut.

Diese Mode-Beratungs-Unternehmen arbeiten alle fast nach dem identischen Muster. Bei der etwas langwierigen Anmeldung wird man nicht nur nach Alter und Größe gefragt sondern auch nach dem Modetyp. Soll es eher Casual sein, oder Business Casual, oder ist man eher Trendbewusst oder darf es hingegen Klassisch sein? Laut Aussage der Unternehmen stellen darauf hin entsprechende Modeexperten die passenden Outfits zusammen. Dies kann man nun glauben oder nicht. Schließlich ist es eine einfache, mathematische Matching-Formel. Und schlussendlich wollen die Unternehmen die Klamotten verkaufen, welche sie selber auf Lager haben. Mit ein paar freien Kleidungsvariationen lassen sich auf wundersame Expertenart Tausende Kombinationen erstellen.

Das Prinzip dieser Portale ist simpel und attraktiv zugleich. Man gibt seine persönlichen Daten an und bekommt darauf hin, in regelmäßigen Abständen, passende Outfits zugesendet. Diese probiert man zu Hause in aller Ruhe aus. Was einem gefällt, das behält man. Was einem nicht gefällt, sendet man wieder zurück. Dieser Service hat natürlich seinen Preis. Aber offenbar gibt es einen Bedarf dafür. Der Versandhandel hat sich durchgesetzt, weil das Shoppen in Ladengeschäften vielen zu stressig und zu zeitaufwendig ist. Der Beratungstrend setzt dieser Entwicklung noch eines oben drauf. Der Zeitaufwand wird gegen Null reduziert und der Kunde muss sich nur noch mit der finalen Frage beschäftigen: gefällt mir der zugeschickte Kleiderhaufen oder nicht.

Auf mich wirkt diese Entwicklung äußerst befremdlich. Denn sie macht uns zum willenlosen Konsumhamster. Wir denken nicht mehr nach, was wir kaufen wollen. Wir handeln dazu auch nicht mehr. Uns wird der komplette Prozess des Kaufens abgenommen. Auspacken, Anziehen, Fresse halten. Schlussendlich also so, als wenn Mutti uns die Klamotten aufs Bett legt.

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