Das Tattoo als Ausdruck von Irgendwas und Nichts

Ein Tattoo ist etwas Besonderes, weil es nicht jeder hat. Vor ein paar Jahrzehnten hatte diese Aussage noch eine gewisse Gültigkeit. Heute jedoch ist ein Tattoo nichts Außergewöhnliches mehr. Ganz im Gegenteil: in gewissen Kreisen gehört man ohne Tattoo bereits zum Außenseiter. Worin steckt der tiefere Sinn einer Tatauierung (Fachsprache)? Was möchte der Träger damit ausdrücken? Und wie sieht es in 30 Jahren mit dem alten Tattoo aus?

Bereits der über 5000 Jahre alte Ötzi hatte mehrere einfache Zeichen eintätowiert. Auch Kriegsgefangenen wurden und werden heute noch Nummern mit Farbe in die Haut punktiert. Und ein echter Seemann hat sich einen Anker mit Herz stechen lassen; in Erinnerung an eine große(?) Liebe. In den 1980ern entstand durch eine subversive Musikszene ein größerer Trend zum Tattoo. In den 1990ern eroberte das Tattoo dann die breite Masse – allerdings vorerst nur den sozialen Bodensatz der Bevölkerung. Das Tattoo galt damals als „Assi-Tapete“. Es war der Höhepunkt der Tribals.

Mit dem Körperkult der letzten Jahre wurde das Tattoo gesellschaftsfähig und zieht sich mittlerweile durch alle Gesellschaftsschichten. Der Ausdruck des Besonderen ist verflogen. Mittlerweile gilt man eher als jemand Besonderer, wenn man kein Tattoo auf der Haut trägt. Fast jeder vierte Jugendliche (unter 25 Jahren) ist tätowiert, 12 Millionen Deutsche insgesamt. Es gibt ungefähr 7.000 Tattoostudios (Quelle Deutsche Welle); zum Beispiel gibt es weniger als 6.500 Augenärzte.

Das Tattoo beziehungsweise die Motive unterliegen stark der Mode – und auch dem Musikgeschmack der Träger. Wer hätte sich vor 20 Jahren Blüten und Schmetterlinge auf den Oberarm tätowieren lassen? Drachenköpfe sind heute in Mode, morgen wieder nicht. Was früher das Tribal war, sind heute Sterne und Fantasymotive. Oder man lässt sich unbekannte chinesische Zeichen auf die Brust pinseln oder gleich ganze Volksweisheiten. Ein Tattoo ist prinzipiell für die Ewigkeit gemacht, doch die Formen und Farben sind heute so kurzlebig wie die Mode selbst.

Beim Stechen eines Tattoos machen sich die wenigsten Gedanken darüber, was damit in 20 oder 30 Jahren passieren wird. Wird einem das Motiv noch gefallen? Unterwirft man sich dem nächsten Modetrend und lässt es überstechen? Sieht es überhaupt noch ansehnlich aus? Durch Sonneneinstrahlung, Solarium und durch die generelle Hautalterung bleicht die Hauttapete aus und wird zunehmend schrumpliger. Gern hört man bei solchen Argumenten von Tätowierten den Spruch: „Das gehört zu mir, das ist für die Ewigkeit.“

Circa 5 Prozent aller Tattoo-Träger wollen sich ihre Jugendsünde wieder entfernen lassen. Dies entspricht hochgerechnet über 500.000 Patienten. Die meisten geben als Grund an, dass sich Lebensumstände geändert haben. „Der Delphin muss weg“. Dies geht nur mit aufwendigen und teuren Laserbehandlungen. Je nach Größe und Farbvielfalt sind für ein Tattoo viele Sitzungen notwendig. Prinzipiell ist die Tattooentfernung noch kritischer als das Stechen. Es kann zu Pigmentverlust und zu Vernarbungen kommen. Auch ist heute noch unbekannt, wie der Körper auf die Farben reagiert, welche bei der Laserbestrahlung über die Lymphen abtransportiert werden.

Nicht nur bei Dermatologen und Kliniken kann man sich seine Tattoos weglasern lassen. Auch Tattoo-Studios bieten sich zunehmend als Dienstleister an. Wenn der Baumeister gleichzeitig zum Abrissunternehmen wird, ist dies bedenklich. Tätowieren und Lasern – in einem Arbeitsgang. Der Mensch wird zur Modeware und der Tätowierer zum willfährigen Dienstleister. Wieso entschließt man sich bei all der Kurzlebigkeit dann überhaupt noch für eine permanente Hautzeichnung?

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Ein Kommentar

  1. Bitte bedeckt Eure Blösse. Seid gottgefällig. Lebt Ihr Kinder des Zorns, ihr die ihr mühselig und beladen seid. Könnt ihr es fühlen? Wie eine Blume, die sich ihren Weg durch den Asphalt bahnt. Hin zum Lichte. Hin. Haaaahaaahaaa Ja. Ja. Ja zum Leben. Gott ist überall. Teile und herrsche. Mensch sein.

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