1. Mai in Berlin: Und es ist nichts passiert

Silbermond singen im Lied „Nichts passiert“ aus dem gleichnamigen Album „Nichts passiert“:

Ohhhhh .. nichts passiert

Verführt uns nicht, denn wir sind nicht blind.
Erzählt uns nichts vom blauem Himmel, wenn da Wolken sind.

Nichts passiert ist auch am diesjährigen 1. Mai in Berlin. Doch die Presse hechelte geradezu nach Krawallen. Dutzende Reporter waren auf der Suche nach der(!) Story. Irgendwo wird es ja wohl ein brennendes Auto geben oder ein Gruppe Verletzter. Vielleicht finden sich aber auch welche, denen man schon am Gesicht ansieht, dass sie auf Krawall aus sind. Oder vielleicht findet man ein paar potentielle Opfer, die sich im späteren Verlauf einer Demonstration von Polizisten verprügeln lassen.

Die unspektakulären Tage in Berlin begannen bereits am Freitag – in der Walpurgisnacht. Am Boxhagener Platz und im Mauerpark blieb es bei den zwei großen Veranstaltungen angenehm ruhig. Die Menschen feierten dort friedlich und besonnen. Der viel beschworene Krawall-Tourismus blieb aus. Die Polizei war zwar an beiden Orten mit einem Großaufgebot vorhanden, doch es blieb bei nicht erwähnenswerten Zwischenfällen.

Richtig langweilig war es am 1. Mai. Wolfgang Thierse (Vizepräsident des Deutschen Bundestags, SPD) wurde dafür kritisiert, dass er an einer Sitzblockade teilgenommen hat, welche den Aufmarsch einer NPD-Demonstration verhindern sollte. Hans-Christian Ströbele (MdB Bündnis90/Die Grünen) war sowohl in der Walpurgisnacht als auch am 1. Mai mit seinem Fahrrad unterwegs, um – wörtlich – „nach dem Rechten zu sehen„. Was für eine Meldung.
Im Kreuzberger Kiez SO36 fand zum siebten Mal das Mayfest statt. Viele Tausend Menschen versammelten sich vom Marienplatz bis zur Oranienstraße, um an den unzähligen Musikbühnen zu feiern und an den – größtenteils – türkisch/arabischen Fressbuden verköstigt zu werden. Friedlich war es und völlig unspektakulär. Die Sensationsjournalisten suchten aber auch hier das Außergewöhnliche. Irgendwo wird sich ja wohl ein handfester Protest auf Bildern festhalten lassen; oder zumindest zwei Punks, die sich prügeln.

Die Menschen haben friedlich gefeiert und die Massen haben friedlich demonstriert. Nur die Presse scheint ein wenig enttäuscht zu sein über den Verlauf. Solange kein Auto brennt oder jemand schwer verletzt wird, verkaufen sich Bilder schlecht. Und ein Bericht von einem friedlichen Mayfest ist ebenso langweiliges Pressefutter. Der Krawalltourismus fand nicht statt und die Polizei verhielt sich dezent verdeckt. Da muss sich doch irgendwas finden. Ja: eine Mülltonne ist in Rauch aufgegangen, als deren Inhalt angezündet wurde. Und bei einem Wartehäuschen der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) gingen die Glasscheiben zu Bruch.

So ist das mit der gefühlten Gewalt und der erlebten Gewalt. In den letzten Jahren war die Presse wohl nicht ganz unbeteiligt, wenn sie die Krawalle hochgespielt haben. Jetzt gab es nach Jahren mal nichts Bewegendes zu berichten und sofort merkt man, wie süchtig die Pressevertreter wie Trüffelschweine im Dreck wühlen, um doch noch ein paar blutige Bilder zu bekommen.

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