Berlin-Wahl 2011 – Teil 1: die Wirtschaftslüge

Am 18. September wählen die Berliner ein neues Abgeordnetenhaus – den Berliner Senat. Die Wahl ist vergleichbar mit den Landtagswahlen. In einer losen Sammlung werden in diesem Blog die Wahlversprechen der Parteien hinterfragt. Was ist nur reine Show beim Wahlkampf und welche Ideen sind real umsetzbar.
Derzeit regiert noch das Bündnis aus SPD und Die Linke. Aktuellen Hochrechnungen zufolge kann diese Koalition nicht mehr fortgesetzt werden. Höchst wahrscheinlich muss sich die SPD mit den Grünen arrangieren. Doch bringt dieses Bündnis die Berliner Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die soziale Schieflage raus aus der Krise? Das Land Berlin ist mit knapp 60 Milliarden Euro so tief verschuldet wie kein anderes Bundesland. An dieser Situation wird sich demnächst auch nichts ändern. Denn die Wirtschaft macht weiterhin einen großen Bogen um Berlin. „Arm aber sexy“ ist für Berlin schon für lange Zeit pure Realität.

Günstige Arbeitskräfte wären in Berlin zur Genüge vorhanden. Doch sind diese Arbeitslosen auch gewillt? Berlin zählt viele Personen mit mangelnder Schulbildung: Jugendliche ohne Schulabschluss, Migranten mit keinen oder schwachen Deutschkenntnissen, aber auch die sogenannten Langzeit-Studenten zählen dazu. Über viele Jahre hinweg wurde Berlin als die Metropole der Kunst und Kreativen angepriesen. Auch auf die Millionen von Touristen (pro Jahr) wurde ein großer Fokus gelegt. Doch damit ist kein Geld verdient. Der Hauptstadt mangelt es an Industrie, produzierendem Gewerbe und großen Konzernniederlassungen. Vor ein paar Jahren hätte man diesen Fakt noch auf die frühere Teilung Berlins schieben können. Doch nach über 20 Jahren Mauerfall sollte sich eine solide Industrie angesammelt haben.

Große Hoffnungen setzen alle etablierten Parteien in das Flughafengelände Tegel. Wenn Ende Juni 2012 der neue Großflughafen in Schönefeld (BER) eröffnet, schließt am selben Tag der alte Flughafen Tegel (TXL). Übrig bleibt ein 466 Hektar großes Areal im Bezirk Tegel (8 Km nord-westlich vom Berliner Zentrum). 1948 wurde der Flughafen eröffnet. In den Jahren 1965 und 1975 entstand das bis heute genutzte und markante sechseckige Hauptterminalgebäude „Tegel-Süd“. Samt umliegender Zulieferer und Servicepersonal beschäftigt die Berliner Flughafen GmbH am Tegeler Standort fasst 7000 Angestellte. Mit dem Umzug nach Schönefeld bricht von einem auf den anderen Tag dieser Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort komplett weg.
Die Pläne der Parteien sind indes vollmundig. Die einen möchten die Flughafengebäude zu einem Wissenschafts- und Forschungsstandpunkt umbauen. Andere möchten viele Klein- und Mittelgewerbe dort angesiedelt sehen. Fakt ist, dass ein Großteil der Flächen durch den jahrelangen Flugbetrieb verseucht und nicht genutzt werden können.Doch davon lassen sich die großen Parteien nicht beirren. Mit Tegel hat man Großes vor. So ganz genau kann dies jedoch noch keiner sagen und von beschlussreifen Plänen kann erst recht nicht die Rede sein. Und woher die Gewerbetreibenden oder gar die Industrie kommen soll, ist noch eine ganz andere Frage. Im Berliner Senat handelt man nach dem Motto: wir bestellen (nur) den Feld, die Früchte wachsen dann (schon) von alleine.

In 11 Monaten hat für den Flughafen Tegel das letzte Stündlein geschlagen. Bei guter Planung wüsste man schon heute ziemlich genau, was man mit dem Gelände und den Gebäuden vor hat. Denn es sind nicht nur die knapp 7000 Mitarbeiter, die von einem auf den anderen Tag nicht mehr in Tegel zur Arbeit gehen werden. Es sind auch unzählig viele Gewerbetreibende betroffen, die vom Umfeld des Flughafens profitiert haben. Diese Menschen setzen auf Planungssicherheit und wünschen sich aussagekräftige Konzepte für die Nachnutzung von Tegel. Doch unsere (regierenden) Parteien fühlen sich bei dieser Aufgabe ebenso überfordert, wie überhaupt den Wirtschaftsstandort Berlin zu kultivieren.

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Ein Kommentar

  1. Beim Thema Wirtschaft wird zu sehr der Fokus auf Industrie und produzierendes Gewerbe gelegt. Dafür braucht man meist aber Fläche.
    Ich denke, dass man sich noch stärker auf den Dienstleistungssektor stürzen sollte. Dieser hat zwar stets die Gefahr der hohen Leerkosten, aber benötigt kaum Ressourcen.

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