Westerwelles perfekte Hartz-IV-Show

Guido Westerwelle, FDP-Mitglied und Bundesminister des Auswärtigen Amtes, mischt dieser Tage mächtig das politische Alltagsgeschäft durcheinander. Er poltert in kürzeren Abständen unentwegt gegen Hartz-IV-Empfänger. Er beschimpft sie als Sozialschmarotzer oder vergleicht auch gern mal die Zustände bei den Hartz-IV-Regelungen als spätrömische Dekadenz. Der lächelnde Guido poltert allerdings nicht ganz unüberlegt gegen die Sozialhilfeempfänger. Seine Anti-Show ist wohl überlegt und Strategie zur Stärkung der eigenen Macht.

Guido Westerwelle ist endlich dort angelangt, wofür er so lange gekämpft hat. Er darf an vorderster Front bei den politischen Machtspielen in Deutschland mitmischen. Jahre hat er für diesen Erfolg gearbeitet, seines und das Profil „seiner“ FDP geschärft. Zuletzt vor der Bundestagswahl 2009 hat er die politische Ausrichtung der Partei extrem gedehnt, um sich damit an die CDU „ran zu schmeißen“. Mit diesem Kuschelkurs ist jetzt jedoch Schluss. Ein Hauptgrund sind die niedrigen Umfragewerte der letzten Wochen. Die FDP und vor allem er verlieren von Woche zu Woche immer mehr ihr politisches Gesicht. Dagegen muss bzw. musste Westerwelle etwas unternehmen. Aus diesem Grund hat er die Anti-Hartz-IV-Debatte eröffnet und dabei nicht mit „Schmeicheleien“ bei seinen Opfern gespart.

Guido Westerwelle geht es in erster Linie um die Machterhaltung. Dazu muss er seine treuen Stammwähler wieder stärken an sich binden. Die Mitglieder und Stammwähler der FDP stammen (fast) alle aus der arbeitenden Bevölkerung, meistens wohlhabend und auf Leistung getrimmt. Nichtstun und vom Sozialstaat kommt für die meisten FDP-Anhänger nicht in Frage. Mit seiner Diskussion gegen die faulen(!?) Hartz-IV-Empfänger spricht Westerwelle den meisten FDP-Genossen aus dem Mund. Die letzten Umfragewerte zeigen bereits die ersten positiven Reaktionen.

Auf den größten Teil der Bevölkerung wirken Westerwelles Aussagen hingegen äußerst befremdlich. Manche fragen sich bereits, welche Geist Westerwelle aus der Flasche befreit hat. „Einen sehr intelligenten“ würde unser Außenminister antworten. In der Tat. Die von ihm aufgestachelte Diskussion über die Höhe der Regelsätze, Jobvermittlungen und das Wohlwollen des Staates wühlt derzeit das ganze Volk auf. Keine Zeitung berichtet nicht über die neusten Eskapaden des Guidos. Jeder halbwegs politisch interessierte Mensch redet dieser Tage über die „Schwesterwelle“. Bravo Guido für diese politische Glanzleistung. Eine glatte Eins. Was möchte man als dritter Mann im Staat noch anderes wollen: die Umfragewerte steigen (wieder), das Land diskutiert sich den Mund fuselig und er selbst hat ein absolutes Reizthema platziert. Daher muss er auch alle paar Tage nochmals wohl kalkuliert nach legen.

Würden Guidos treuen Anhänger jedoch über ein funktionierendes Gehirn verfügen, könnten sie den radikalen Fehler in seiner Kernaussage entdecken. Doch die weltfremden FDP-Junkies erkennen den wahren Fehler nicht. Guido Westerwelle betont, dass sich ehrliche Arbeit wieder lohnen muss. Wenn eine Kellnerin am Monatsende kaum mehr bekommt als ein Hartz-IV-Empfänger, dann stimmt in unserem Sozialstaat etwas nicht. Soweit kann man Herrn Westerwelle noch folgen oder zustimmen. Der Fehler kommt jetzt: Daher müssen wir die Hartz-IV-Sätzen senken, damit sich Arbeit wieder lohnen kann.
Na, da hat einer den Arbeitsmarkt aber ganz genau beobachtet. Welche Arbeitsform hat denn dazu geführt, dass sich Arbeit nicht mehr lohnt? Die Zeitarbeitsfirmen sind maßgeblich an dieser Misere schuld. Ebenso gibt es in vielen Branchen keinen Mindeststundenlohn. Beides führte in der Vergangenheit zu einem massiven Niedergang der Stundenlöhne und damit der Kaufkraft. Wer in der falschen Branche arbeitet, hat in der Tat am Ende des Monats kaum einen Cent mehr im Portmonee als ein Arbeitssuchender. Wenn man nun allerdings, wie nach Herrn Westerwelles Vorschlag, den Hartz-IV-Regelsatz weiter absenkt, sinken damit einhergehend die Löhne in diesen Verliererbranchen.

Westerwelles Plan kann und darf nicht aufgehen. Er würde nicht nur die sozial Schwachen noch ärmer machen. Nein, auch viele Beschäftigte aus der unteren Einkommensgruppe würden durch diesen Plan weniger verdienen als vorher. Eine massive Lohnabsenkung und damit eine weitere Absenkung der gesamtdeutschen Kaufkraft wären die Folgen. Entweder ist Guido Westerwelle selten dumm oder selten kühn. Denn ein solcher Plan wäre nur dann ratsam, wenn man das Land entschleunigen wollte.

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3 Kommentare

  1. Eins vorweg: den Spitznamem „Schwesterwelle“ finde ich nicht so gut. Ob sich jemand als Klassenkämpfer von oben hervortut oder aus lauter Blödheit ein Land ruiniert hat nichts mit seiner sexuellen Orientierung zu tun.
    Ansonsten volle Zustimmung. Arbeit muss sich wirklich wieder lohnen. Und zwar für die, die arbeiten und nicht immer mehr für die, die arbeiten lassen.

  2. Mittlerweile wissen wir ja, das sich die Arbeit von Westerwelle an erster Linie nur für Westerwelle gelohnt hat.
    Weder die Bevölkerung, noch seine ach so geliebte Partei haben profitiert.
    Ich finde, dass er durch seine Taten die FDP ganz schön ruiniert hat. Wer weiss … vllt. steht in den Geschichtsbüchern eines Tages geschrieben, dass der W. den Grundstein für den Untergang der FDP gelegt hat.
    Wer weiss….

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