Mit der japanischen Bevölkerung möchte ich in diesen Stunden nicht tauschen. Zuerst rollte durch das Erdbeben und den Tsunami eine Welle der Verwüstung über das Land und forderte mehr als 1000 Todesopfer – nach dem derzeitigen Stand. Nun kommt es für Japan noch schlimmer. Im Kernkraftwerk Fukushima 1 soll es zu einer Kernschmelze gekommen sein. In einem der insgesamt sechs Blöcke gab es eine Explosion. Erleben wir nach fast exakt 25 Jahren ein weiteres Tschernobyl-Desaster?
Die Schäden und das menschliche Leid, welche das Erdbeben der Stärke 8,9 und der darauf folgende Tsunami angerichtet haben, geraten durch die Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima aus dem Fokus der Berichterstattung zu fallen. Denn die nukleare Katastrophe betrifft nicht nur das japanische Land sondern auch viele andere Staaten. Zudem wirft es die Frage auf, wie sicher Atomkraftwerke wirklich sein können. Wie man nun in Japan sehen kann, gibt es die absolute Sicherheit nicht.
Damals bei der Katastrophe von Tschernobyl hieß es immer, das konnte nur wegen der veralteten Technik, der unzureichenden Ausbildung der Mitarbeiter und ganz allgemein wegen den fehlenden Sicherheitsstandards passieren. In beiden Fällen handelt es sich um sogenannte Siedewasserreaktoren. Für die japanischen Reaktoren gelten allerdings verschärfte Sicherheitsbedingungen. So müssen die Kraftwerke einem Erdbeben der Stärke 8,0 Stand halten. Auch kann davon ausgegangen werden, dass die Kraftwerke mit modernster Technik ausgestattet sind. In Japan gibt es derzeit 55 aktive Kernkraftwerke. Der Staat erzeugt ca. 30 Prozent seines Stromverbrauchs per Kernkraftwerke. In ferner Zukunft möchte die Regierung diese Quote auf annähernd 50 Prozent steigern. Nach dem aktuellen GAU in Fukushima wird darüber wohl nochmals neu diskutiert werden müssen.
Was genau im Reaktorblock 1 von Fukushima 1 passiert ist, weiß man derzeit noch nicht genau. Fakt ist allerdings, dass bereits radioaktive Luft ausgetreten sein soll. In der näheren Umgebung wurde erhöhte radioaktive Strahlung gemessen. Ebenfalls bestätigt wurde, dass der zulässige Druck im Innern des Reaktor um fast das Doppelte überschritten ist.
In Folge des Erdbebens und den Tsunami ist die Stromversorgung im Kraftwerk ausgefallen. Notstromaggregate hätten den Dienst versagt. Die Kühlung des Reaktors und der Brennstäbe erfolgte zuletzt nur noch über Batterien. Auf Bildern ist eine Explosion am Reaktorgebäude zu sehen. Höchst wahrscheinlich handelte es sich dabei um eine Verpuffung von Wasserstoff. Dabei ist die äußere Gehäuseabdeckung vollkommen zerstört worden. Der Reaktor selber soll dabei nicht beschädigt worden sein. Allerdings bestätigte die Regierung auch, dass es zu einer Kernschmelze gekommen sein soll. Dies würde bedeuten, dass der Reaktor nicht mehr beherrschbar wäre. Bei einer Kernschmelze ist der kritische Punkt einer aktiven Einflussnahme überschritten. Die Kettenreaktion der radioaktiven Elemente hat sich quasi verselbständigt.
Die vielen Konjunktive sind frustrierend. Und dies nicht nur für weit entfernte Beobachter wie mich. Auch die Menschen rund um den Reaktor werden nur scheibchenweise informiert. Anfangs wurde eine Schutzzone von 3 km um den Reaktor eingerichtet. Mittlerweile in der dritten Phase beträgt die Bannmeile bereits 10 km im Umkreis. Wie stark sind also die Schäden am Reaktor? Wie viel Radioaktivität ist bereits wirklich ausgetreten und wie viel des radiaktiven Materials wird noch austreten? Der Reaktorblock kann wohl abgeschrieben werden. Ironie des Schicksals: der Block 1 von Fukushima 1 hätte eigentlich in wenigen Monaten eh still gelegt werden sollen. Der Reaktor wurde im Jahre 1971 in Betrieb genommen. Nach 30 Jahren Laufzeit ist nun das abrupte Ende erreicht.
Die Diskussion um die Stromerzeugung aus Atomkraft gewinnt durch diesen GAU wohl wieder an Fahrt. Sicheren Atomstrom gibt es nicht. Jeder „Experte“ der dies behauptet, wird es mit Blick auf Fukushima schwer haben, seine Argumente sicher zu belegen. In Deutschland laufen größtenteils Atomkraftwerke des Typs Druckwasserreaktor. Dieser Typ ist bekannt für sein gutmütige Regelverhalten. Doch dies bewahrt uns nicht vor einem nuklearen Knall wie in Fukushima oder Tschernobyl. Atomkraft ist nicht bis in die letzte Instanz beherrschbar. Vielleicht gibt dies einen Anlass, (noch) mehr über alternative Stromkonzepte nachzudenken. Und vielleicht wird über die Idee von Desertec nicht nur nachgedacht sondern auch bald in die Tat umgesetzt.
Wenn wir das so in Deutschland verfolgen, was in Japan passiert, dann kommt mir das so vor wie ein unwirklicher Taum. Der Atommeiler Fukushima 1 droht zu überhitzen, auch in Anlage 3 ist das Kühlsystem ausgefallen. Falls mehr Radioaktivität entweicht, wären ganze Regionen verseucht. Der erste Gedanke ist, alles AKWs abschalte. Aber dann, woher bekommen wir unsere Energie? Ich glaube wir sind energiepolitisch in einer Sackgasse.