Fahneschwenken ist nationalistisch

Unter den deutschen Blogs nimmt die kritische Website „NachDenkSeiten“ einen der vorderen Plätze ein. Albrecht Müller ist einer der Hauptautoren dieses Blogs und hat auch bereits diverse Bücher veröffentlicht. Eigentlich konnte ich bis jetzt fast alle Äußerungen von Herrn Müller nachvollziehen. Um es auf den Punkt zu bringen: Albrecht Müller ist gegen das neoliberale Handlungsgebahren unserer Regierung, ist gegen die ausufernde Macht der Finanzakteure und auch sonst gegen alles, was sich dumm und käuflich gibt. Gestern hatte er einen Artikel veröffentlicht, der meiner Meinung nach den Weitblick ebenso wie den Freimut vermissen lässt.

Das Schwenken der Fahnen – eine Einübung in Gleichschaltung für alles Mögliche (Link zu NachDenkSeiten)

Um was geht es? Zitat aus dem Artikel: „Fahnenschwenken im Kollektiv scheint mir der erste Schritt zur Uniformierung, im konkreten Fall noch dazu einer gefährlichen nationalistischen Uniformierung. Der erste harmlose Schritt.

Herr Müller scheint ein Problem mit dem Wort Nationalität zu haben. Oder vor seinem geistigen Auge sieht er das jubelnde Volk beim Aufmarsch wie im Dritten Reich. Ich kann beim besten Willen nichts Gefährliches beim kollektiven Fahnenschwenken feststellen. Und ich denke wohl, dass die allermeisten Fußballbegeisterten, sich überhaupt keine Gedanken machen, wenn schwarz-rot-goldene Schminke aufgelegt wird, der schwarz-rot-goldene Hut aufgezogen und die schwarz-rot-goldene Fahne geschwenkt wird. Doch Herr Müller wäre nicht der „Papst“ der kritischen Bloggerszene, wenn er nicht bei jedem Thema die Kurve zur neoliberalen Wirtschaftspolitik schaffen würde. Zitat aus dem Artikel: „Wer gemeinsam in einem Flaggenmeer jubelt, der ist vermutlich auch eher bereit, sich bei einem Disput über den richtigen Weg in der Wirtschaftspolitik an dem zu orientieren, was die Mutter der Nation von sich gibt.

Wir schwenken also kollektiv die Deutschlandfahne, um an selbiger Stelle zur Gleichschaltung „umprogrammiert“ zu werden? Das klingt in meinen Ohren nicht nur etwas krank sondern auch von ganz weit hergeholt. Ich kann mich äußerst gut an die zurückliegenden Jahrzehnte erinnern, als es reichlich verpönt war, die Deutschlandflagge zu schwenken. Wer während einer Sportveranstaltung sein Haus mit einer Fahne schmückte, wurde sofort als (dezent) nationalistischer Fanatiker abgetan. Heute stört sich keiner mehr daran. Und dies ist auch gut so. Denn nicht jeder, der eine Flagge schwenkt oder aufhängt, ist sofort ein extremer Nationalist. Im Gegenteil. An unserer Deutschlandflagge (seit 23.5.1949) klebt weder böses Blut noch wird sie mit irgend einem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Was man allerdings aus ein bisschen Fahneschwenken während einer Fußball-Weltmeisterschaft „zaubern“ kann, hat Herr Müller mit seinem Artikel eindrucksvoll bewiesen.

Was kommt als Nächstes? Wo treibt Herr Müller demnächst den Belzebub aus? Ist Biertrinken demnächst die Vorstufe zum Rechtsradikalismus? Oder sind Zigarettendreher fortan Linksautonome? Wenn Schwarz-Rot-Gold verpönt ist, müssen wir dann wieder alle Grau-in-Grau rumlaufen? Erinnert aber ein grau-uniformiertes Volk nicht noch viel eher an den Nationalsozialismus? Und ist diese Fahnen-Debatte nicht überhaupt ziemlich gagga? Herr Müller, übernehmen Sie?

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Ein Kommentar

  1. Man sollte nur auf die Fanmeilen nach einem Deutschlandspiel gehen, dann wird einem klar warum der ganze Trubel wirklich ein Segen ist. Die Leute feiern, weil sie sich mit Deutschland identifizieren. Da feiern Inder, Türken, Afrikaner GEMEINSAM! Oder auch eine tolle Erfahrung: Ein kleiner Junge, dem Aussehen nach türkischstämmig, geht durch die Straßen und gröllt DEUTSCHLAND fröhlich vor sich hin.

    Wenn dabei Fahnen geschwungen werden, dann hab ich persönlich nichts dagegen. Die älteren Generationen haben vielfach noch die Nationalsozialisten im Kopf. Die Jüngeren nicht mehr. Ist auch gut so.

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