Der deutsche Abmahn-Wahn

In Deutschland kann ein Jurist (Rechtsanwalt) ohne Vorwarnung kostenpflichtig abmahnen. Die Unterlassungserklärung hat noch einen nachvollziehbaren Nutzen. Allerdings fehlt es der (kostenpflichtigen) Abmahnung an jeglicher erkennbarer Substanz – zumindest für den Abgemahnten. Die sogenannte Massenabmahnung verschlimmbessert die Lage noch zusätzlich.

Meine Abmahnung, mein Geld
An dieser Situation wird sich auf Jahre allerdings nichts ändern. Das Problem sitzt nämlich im Bundestag, heißt MdB (Mitglied des Bundestages) und ist in seiner „Freizeit“ bzw. außerhalb des Mandates größtenteils als Jurist unterwegs. Ein Credo unter Anwälten: „Die eigene Gilde gilt es zu schützen.“ Wer das Mandat eines Rechtsanwaltes inne hat, wird wohl kaum auf die Idee kommen, die eigenen Geschäftsquellen bzw. Einnahmequellen trocken zu legen.

Das mit den Abmahnungen ein gutes Geschäft zu machen ist, haben bereits sehr viele Rechtsanwälte für sich entdeckt. Doch erst mit Hilfe gewisser Rechteinhaber aus der Musik- und Softwareindustrie, erreichte der erträgliche Gewinn aus den kostenpflichtigen Abmahnungen einen neuen Höhepunkt. Obwohl Massenabmahnungen mit Hilfe von Computer eine Angelegenheit von wenigen Minuten Arbeit ist, erlaubt das Abmahngesetz es dem Juristen, bei jedem Fall erneut die vollen Kosten in Rechnung zu stellen.

Privatpersonen als Juristen
Nicht nur die Massenabmahnung rückt die komplette Gilde der Rechtsanwälte langsam aber sicher in eine verhasste Ecke. Es sind die kostenpflichtigen Abmahnungen im Allgemeinen, welche der Normalbürger in Frage stellt. Es gibt andere europäische Länder, wo eine Abmahnung erst einmal mit einem juristischen Hinweis erfolgt. Es wird mit weiteren Folgen gedroht. Hält sich der Abgemahnte nicht an die Forderungen bzw. folgt er diesen nicht, wird es frühestens am diesem Zeitpunkt teuer.
In Deutschland hingegen kommt sofort mit dem ersten Brief auch gleich die dicke Rechnung. Dass dieses Vorgehen mehr als absurd ist, zeigt sich an den Beispielen der Forenhaftung. Als Forenbetreiber ist man verpflichtet, bereits vor offizieller Freigabe eines Artikels oder Kommentares die rechtliche Unbedenklichkeit zu kontrollieren und zu gewährleisten. Doch wer ist als Privatperson juristisch perfekt genug, einem Beitrag die gesetzliche Unbedenklichkeit zu garantieren? Grobe Verletzungen erkennt auch ein Laie. Doch dann hat es sich auch schon. Alternative ist laut Juristen, einen eher fragwürdigen Beitrag erst gar nicht zu veröffentlichen. Maulsperre und Unterdrückung der freien Meinungsäußerung auf Kosten der juristischen Unsicherheit? Darf und kann dies das Ziel in einem Land sein, welches die Freiheit der eigenen Meinung als sehr hohes Gut ansieht?
Findet ein Konkurrent oder Störenfried einen bedenklichen Artikel, kann er über einen Anwalt den Gegner nicht nur juristisch sondern auch finanziell in die Knie zwingen. Es gibt weder eine Karenzzeit für eine angemessene Reaktion, noch wird nachhaltig anerkannt, dass der Forenbetreiber den fragwürdigen Beitrag nach Kenntnis gelöscht hat.
Dabei ergeben sich völlig neue Betätigungsfelder. Ein Konkurrent kann einen Kumpel anhauen, damit dieser beim Abzumahnenden einen rechtlich nicht korrekten Beitrag einstellt. Kurz danach geht man zum Anwalt und die teuere Abmahnung geht ihren Weg.

Ein Rechtsanwalt übt einen Beruf aus, bei welchem es schlussendlich auch nur ums Geldverdienen geht. Es bleibt allerdings die Frage, ob gerade die Juristen unter den Geldverdienern geltendes Recht bis zur Schmerzgrenze ausnützen sollten, nur um den eigenen Profit zu steigern.
Bei der Polizei wird bspw. auch erst geschrieen „Hände hoch“ bevor scharf geschossen wird.

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