Der Bauboom nervt

Ich bin genervt. Überall hämmert, wummert, schleift und sägt es. Von morgens um 8 Uhr bis spät Abends um 20 Uhr ist man der baulichen Lärmbelästigung ausgesetzt. An jeder zweiten Ecke blockiert eine Absperrung den Fußgängerweg oder die Fahrspur. Der Straßenslalom sollte olympische Disziplin werden. Bauboom wird gern gleichgesetzt mit wirtschaftlichen Wachstum, mit Vollbeschäftigung und mit erfolgreichen Investitionen. Die vielen Baustellen können aber auch für Unmut sorgen und zur psychischen Belastung führen.

Im Umkreis von 500 Metern um meine Wohnung herum gibt es derzeit:

  • eine Parkumgestaltung
  • eine Renovierung bzw. ein Teilumbau eines großen Gebäudes
  • fünf Neubauten
  • zwei Straßenbauarbeiten

Solche Baustellen bringen etliche zusätzliche Störfaktoren mit sich. Durch Anlieferungen oder Bauschuttentsorgungen nimmt der LKW-Verkehr erheblich zu. Mal riecht es nach Lösungsmittel, dann mal nach Bitumen oder einfach nur nach nassem Beton. Baustellen nehmen reguläre Parkplätze weg, was zu einem vermehrten wilden Parken führt. Doch der Lärm ist das größte Problem. Im Winter stört er weniger, da dann die Fenster generell geschlossen sind. Doch bei den sommerlichen Temperaturen wie jetzt, muss man die Fenster öffnen. Also entweder Durchzug in der Wohnung und viel Lärm von draußen oder Ruhe und Sauna-Feeling am Schreibtisch.

Bauarbeiter sind froh, wenn es Arbeit für sie gibt. Alleine im Jahr 2011 gab es ca. 750.000 Beschäftigte am Bau. Hinzu kommen unzählige Arbeitsplätze rings um die Baubranche: Materialverkauf, Entsorgung, Planung, usw. Doch wenn unser aller Wohlergehen davon abhängt, dass ständig und viel gebaut wird, möchte ich in der Großstadt nicht alt werden. Wir hängen auch an der Automobilbranche und ihren Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Wenn wir irgendwann einmal weniger Autos kaufen und weniger Häuser bauen, geht Deutschland ganz schnell dem Bankrott entgegen.

Richtig pervers wird es, wenn Neubauten nur noch der Steuerabschreibung dienen. Daimler und die Deutsche Bahn zum Beispiel waren am Potsdamer Platz anfangs einer der größten Bauherren. Doch nach 10 Jahren sind die Objekte abgeschrieben und man muss sich neue Abschreibungsobjekte suchen. Offiziell heißt es, dass die Mieten am Potsdamer Platz zu teuer sind. Die Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland baut daher an der Mediaspree einen neuen Bürokomplex für 1.200 Mitarbeiter. Bauen lohnt sich – für alle Beteiligten.

Ich freue mich schon jetzt auf den Winter. Dann werden die Baustellen zum einen weniger und auf den verbleibenden Baustellen wird es zudem ruhiger. Muss die Bevölkerung im Winter eben mehr Autos kaufen, damit der deutsche Rubel rollt.

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