Erkenntnis des Tages: Ende der China-Party

Spiegel-Online berichtete am 29.5.2012 in einem ausführlichen Artikel vom Ende des China-Investmentbooms. Man bezog sich dabei auf eine Meldung der Europäischen Handelskammer in China  (PDF). In einer jährlichen Umfrage hatte die EuCCC heraus gefunden, dass westliche Investoren das Interesse an China verlieren. Jedes fünfte Unternehmen denkt offensichtlich darüber nach, seine Investitionen in China zu reduzieren und dagegen in anderen Boom-Ländern wie Vietnam, Indien oder Südamerika zu stärken. Der Bericht suggeriert eine urplötzliche Erleuchtung bei einer nach Rendite gierenden Industrie. Wer erst jetzt das Ende des China-Booms bemerkt, verschläft auch sonst recht viel.

Kleidung wird schon lange nicht mehr – im großen Stil – in China produziert. Günstige Ware kommt heute aus Bangladesh oder Indien. Auch den Reis pflanzen die Chinesen schon lange nicht mehr selber an. Den lässt man in Indien aussähen und ernten. In China gilt schon seit längerem die Devise: lieber lässt man andere hungern.
China erlebt nicht erst seit den letzten paar Jahren einen Wirtschaftsboom. Eigentlich hat der Boom bereits das Maximum erreicht. So wird dieses Jahr das Wirtschaftswachstum von 10 Prozent auf ca. 7,5 Prozent zurück gehen. Mit dem steigenden Reichtum setzt sich auch bei den chinesischen Arbeitern die Erkenntnis der gerechten Entlohnung durch. Die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen werden immer lauter. Für Investoren ist dies das Signal, weiter zu ziehen in das nächste Land, das man noch ausbeuten kann.

In China wird nicht mehr nur billiges Plastikspielzeug produziert sondern mittlerweile auch teure Konsumgüter wie das iPhone. Die chinesische Bevölkerung ist dabei der eigene beste Kunde. Vom teuren Oberklassenauto wie einem Mercedes oder BMW bis hin zum luxuriös ausgestatteten Apartment können sich immer mehr Chinesen diesen Wohlstand leisten. Ein Chinese bückt sich nicht mehr, um rückenschädigend Reispflänzchen in den nassen Boden zu drücken. Diese Arbeit erledigen Inder. Doch nicht nur die Löhne sind in Indien billiger, auch die riesigen Felder für den Reisanbau sind in Indien günstiger.

Globale Marktwirtschaft macht es möglich. Vor vier Jahren wurde Nokia noch als schlechter Arbeitgeber tituliert, da das Unternehmen ein Werk in Bochum mit 4.500 nach Rumänien verlegte. Mittlerweile ist selbst das rumänische Werk nahe Cluj wieder geschlossen, da Nokia die Produktion in den asiatischen Raum verlagern möchte. Nichts neues im Westen, würden Finanzinvestoren sagen.

Wenn nun also die Investorenparty in China ein jähes Ende findet, so ist das jähe Ende eher ein erwarteter oder gar kalkulierter Ortswechsel. Vielen Unternehmen ist es schlichtweg egal, wo ihre Waren produziert werden. Wichtigste Faktoren sind die Arbeits- und Umweltkosten. Da China gerade in diesen beiden Punkten ein westliches Maß erreicht, zieht die Karawane weiter in ein Land, wo sich noch recht einfach die Arbeiter ausbeuten lassen und auf Umweltschutz nicht all zu großen Wert gelegt wird. Bangladesh, Indien oder auch Mittelafrika sind hier lohnenswerte Ziele.

In spätestens 30 Jahren schließt sich der Kreis. Dann lohnt es sich für Unternehmen wieder direkt vor Ort zu produzieren: also Plastikspielzeug und Klamotten aus deutscher Produktion für deutsche Käufer. Ob wir dann allerdings noch teure Autos produzieren, bezweifle ich ein bisschen. In China wird zur Zeit massiv die eigenen Produktion unterstützt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis chinesische Unternehmen einen großen Automobilkonzern komplett übernehmen.

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