Wir benutzen heute das Internet so selbstsicher wie vor 30 Jahren das Lesen der Tageszeitung üblich war. Wir lesen im Internet die neusten Nachrichten, wie unterhalten uns mit Freunden, bestellen Bücher oder gar Lebensmittel über das Internet und buchen unseren nächsten Urlaub über das Netz. Mittlerweile sind alle Lebenslagen und alle Bedürfnisse über das Internet abgedeckt. Für große Unternehmen ist es heute umso schwerer, mit speziellen Anwendungen ein großes Publikum zu gewinnen.
Manchmal gelingt dies allerdings doch. Twitter, Facebook und Google-Streetview sind dabei nur Nebenschauplätze im Internet. Die echte wegweisende Revolution findet hingegen (noch etwas unbeachtet) auf den Smartphones statt. Die Apps auf den Handys sind das Internet von morgen. Und dabei geht es nicht nur darum, welcher Anbieter die meisten Apps verkauft oder gar anbietet.
Apple hat seinen eigenen iTunes-Store. Für Samsung gibt es eigene Bada-Apps. Für Android-Handys (HTC, Google, Motorola) gibt es wieder einen anderen App-Market und Nokia hat einen Ovi-Store. Es scheint ein neuer „Krieg“ zu entstehen wie damals bei den konkurrierenden Browser-Hersteller. Noch ist nichts entschieden, wer in der Zukunft die Herrschaft auf dem App-Markt haben wird. Doch schon heute gibt es attraktive und weniger glückliche Entwicklungen.
Apple ist derzeit der Platzhirsch bei den Smartphone-Apps. Man muss allerdings einschränkend erwähnen, dass die Apple-Apps nur auf dem iPhone und dem iPad funktionieren. Daher war es für Apple auch so wichtig, dieses Jahr das iPad zu veröffentlichen. Der Konzern möchte nicht nur auf dem Handmarkt omnipräsent sein sondern auch auf dem PC-Markt. Ein Kleinstcomputer mit Touchoberfläche erscheint wesentlicher attraktiver als ein herkömmlicher PC. Und was noch viel wichtiger ist: das iPad nutzt die vorgegebenen Vorteile der Apps.
Apple gibt eine leicht erlernbare und funktionale Entwicklungsplattform vor. Neue Apps lassen sich damit fast im Handumdrehen erstellen. Und an ein einfaches Bezahlmodell hat Apple auchb gedacht. Davon profitiert nicht nur der Entwickler sondern vor allem auch Apple.
Auf Platz Zwei der App-Rangliste folgt Google mit seinem Android-System. Die Vorteile sind die quelloffenen Skripte und die freie Lizenz. Jedem Handyhersteller steht es frei, das System zu nutzen und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Dies hat in erster Linie der Hersteller HTC verinnerlicht. Der taiwanische Hersteller nutzt das Android-System wie kein zweiter auf seinen Handys und hat damit Erfolg. Der Markt an verfügbaren Apps wächst von Tag zu Tag. Die Entwickler sprechen allerdings auch von Nachteilen. So ist bspw. das Bezahlmodell (noch immer) eine einzige Baustelle. Und auch die Entwicklung selbst gelingt nicht so einfach wie mit dem iOS von Apple.
Platz Drei der App-Hersteller geht an Samsung mit Bada und an Nokia mit Ovi. Beide Plattformen sind wenig attraktiv, da sie Eigenentwicklungen der beiden Handy-Hersteller sind. Im Unterschied zu Apples iPhone fehlen den beiden Drittplatzierten allerdings das nötige „Sexappeal“ oder auch einfach nur eine wohlwollende Presse. Beide Hersteller sprechen zwar von Erfolgen für ihre Systeme, doch deren App-Markt ist immer noch verschwindend gering.
Doch wozu der ganze Aufwand mit den Apps? Wieso investieren die Firmen so viel Geld in diese kleinen Anwendungen? Das Internet neu erfinden, macht wenig Sinn und wäre auch nicht von Erfolg gekrönt. Es geht um viel mehr. Es geht um die Kontrolle von Inhalten und um Macht auf dem Informationsmarkt.
Erste deutliche Anzeichen hierfür zeigt der Konzern Apple. In seinen iTunes-Store schaffen es nicht alle Anwendungen. Wer mit obszönen Inhalten handelt, oder gegen gute Sitten verstößt, fliegt raus aus der Plattform und kann seine Anwendung in den Wind schießen. Der Vorteil für Apple: der Konzern kann nicht nur bestimmen, was rein darf in den Marktplatz. Der Konzern bestimmt auch, was der Anwender schlussendlich sehen und lesen darf. An dieser Stelle schließt sich auch der Kreis zum iPad. Zukünftig, so munkelt man im Silicon Valley, möchte Apple nur noch sein iOS auf den hauseigenen Rechnern sehen. Für das Mac OS wird scheinbar schon der Grabstein gesetzt. Ist erst einmal auf jedem Rechner ein iOS und muss jeder Anwender die Apps nutzen, die Apple ihm vorgibt, ist der Weg frei für die absolute Kontrolle. Das erste iPad ist als Versuchsballon zu sehen – oder als Einstieg in die App-Welt von Morgen.
Wer kein Freund von Apple-Produkten ist, dem bietet der Google-Konzern die passende Alternative: Android. Quelloffen und mit einer freien Lizenz klingt es wie die Rettung für App-süchtige Handynutzer, die sich kein Apple-Produkt kaufen möchten. Doch Google stellt das Android-System nicht zum reinen Selbstzweck dem Markt zur Verfügung. Google arbeitet ähnlich wie Apple. Es geht um Kontrolle von Inhalten und um Wissen. Viele Android-Anwendungen funktionieren nur dann, wenn man einen Google-Account besitzt. Auch wer dem Google-Konzern nicht die persönlichen Daten preisgeben möchte, tut dies auf einem Android-Handy über Umwege. Die Google-Dienste sind bei Android mehr als nur allgegenwärtig: Google-Suche, Youtube, Google-Maps (in Verbindung mit GPS), Google-Mail bzw. GMail, Picasa und vieles mehr.
Nur wer seine Kunden genau kennt und möglichst alles von ihnen weiß, kann gewinnbringende Inhalte platzieren. Wer darüber hinaus seine Kunden auch noch lenken kann, erreicht eine Maximierung seines Gewinns. Geht es nach den Vorhersagen der großen Konzerne, nutzt der Anwender das Internet in der Zukunft größtenteils mobil. Netbooks und iPads sind da nur der Anfang. Der Anwender soll durch die vielen Apps daran gewöhnt werden, das Internet nur noch durch diese Anwendungen zu betrachten. Die nächste Reise wird dann nicht mehr über Recherchen in einer Suchmaschine gebucht, sondern über spezielle Apps. Die täglichen Nachrichten liefern die Konzerne kostenfrei oder gegen Entgelt dem Nutzer ebenfalls über Apps. In 20 Jahren redet wahrscheinlich niemand mehr davon, wie man einen Browser benutzen kann. Da zählt wahrscheinlich nur noch, welches App attraktiver ist. Und die großen Konzerne wie Apple und Google stehen über den Dingen wie ein Torwächter und machen damit ihre Gewinne.