Apple bietet im Bereich Hardware eine umfangreiche Produktwelt: MP3-Player, Laptops, Desktop-PC, Tablets und auch Smartphones. Apple hat im Jahr 2007 mit dem iPhone prinzipiell das erste Smartphone auf den Markt gebracht. Seitdem hat sich der Handy-Markt gewaltig verändert. Das klassische Tastentelefon ist ebenso zur Ausnahme geworden wie die tastengeführten Betriebssysteme. Heute ist das Betriebssystem ebenso wichtig wie das Telefon selbst. Auf diesem Gebiet bietet Apple eine beeindruckende Symbiose zwischen iPhone und iOS. Telefon und System wirken wie aus einem Guss.
Über die Hälfte des Umsatzes erzielt Apple mit seinen iPhone-Modellen. Im Jahr 2013 entfielen am Gesamtumsatz von 37,47 Milliarden US-Dollar alleine 19,51 Milliarden US-Dollar auf den Smartphone-Bereich. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2013 verkaufte Apple über 150 Millionen iPhones. Diese Entwicklung freut den Aktionär, birgt jedoch auch ein hohes Ausfallpotential. Das Wohlergehen hängt zum größten Teil von dem kleinen Smartphone ab. Sollte hier einmal ein Jahr mit Einbußen erfolgen, hätte dies schwere Auswirkungen auf den ganzen Konzern.
Seit ein paar Tagen ist das neue Modell iPhone 6 frei käuflich. Mit circa 10 Millionen Stück wurde ein neuer Verkaufsrekord erreicht. Für die Produktion des iPhone 6 stellt der chinesische Produzent Foxconn über 100.000 Mitarbeiter ein. Pro Tag müssen circa 170.000 produzierte und verpackte iPhones das Werk verlassen. Dahinter steckt eine hervorragende Logistik und eine punktgenaue Produktion. Zudem ist solch ein personeller Einsatz nur in Ländern wie China möglich. Man stelle sich einmal vor, wie die komplette Bevölkerung von Jena oder Koblenz (beide circa 106.000 Einwohner) sich morgens an den Werkstoren zur kollektiven Smartphone-Produktion versammeln würde.
Single -Model line
In der Entwicklung und Produktion gibt es prinzipiell zwei Verfahrensmodelle. Das single-model und das mixed-model. In einem Automobilwerk laufen in der Regel „mixed-models“ vom Band, da jede Bestellung individuell erscheint. In der Foxconn-Produktion für das iPhone gibt es jedoch nur eine Modell-Linie; abgesehen von äußerlichen Varianten wie Silber- und Gold-Schalen, länderspezifischen Beschriftungen oder länderspezifischen Stromadaptern. Für Apple gibt es hinreichend gute Argumente, sich auf eine Single-Modell-Produktion zu konzentrieren. Die radikalisierte Ausrichtung schafft viele Vorteile.
Pro
- Vereinfachte Produktionsentwicklung
Sich auf eine einzige Hardware-Plattform zu konzentrieren, vereinfacht die Entwicklungskosten. Es ergeben sich keine Komplikationen durch eventuelle Kombinationen. Ebenso lassen sich Fehler genauer eingrenzen und minimieren. - Gesenkte Produktionskosten
Das Produktionsband wird auf ein Modell eingestellt. Roboter und Menschen müssen sich nicht auf wechselnde Arbeitsschritte einstellen. Zudem kann der Materialeinkauf besser kalkulieren und höhere Rabatte aushandeln. - Professionalisierung bei der Abstimmung von iOS zu den iPhone-Modellen
Es kann während eines Produktionsjahres durchaus vorkommen, dass interne Komponenten ausgewechselt werden. Doch prinzipiell läuft ein und die selbe Produktion millionenfach vom Band. Die identische Ausstattung macht es für die Software-Entwicklung einfach, das System dahingehend von Fehlern zu befreien und anzupassen. - Zentralisierte Marketingmaßnahmen
Ein einziges Modell zu bewerben ist auch für das Marketing einfacher. Dies beweist Apple immer wieder auf beeindruckende Weise. Die Modelle werden seit jeher freigestellt präsentiert. Kein Hintergrund der vom Produkt ablenkt, keine Pfeile, keine Anmerkungen die dem Produkt visuell zu nahe kommen.
Zudem gibt es einen fixen Termin im Jahr, wann das neue iPhone-Modell der Kundschaft gezeigt wird. Auf diesen Tag X arbeitet die ganze Maschinerie punktuell und zielgerichtet zu. Es gibt keine offiziellen Pre-Infos und keine begleitenden Aktivitäten wie Road-Shows.
Kontra
- Gesteigerte Gefahr eines Flops
Welche Notfallszenarien sind geplant, wenn es zu Problemen kommt wie damals beim iPhone 4 mit dem „antennagate„? Auch beim jetzigen Modell 6 zeichnet sich eine kleine Katastrophe ab. Einige Käufer berichten davon, dass sich das Gehäuse verbiegt. - Konzentrierte Produktion in einem engen Zeitrahmen
Man kann in einem definierten Zeitraum nicht unendlich viele iPhone produzieren. Je kürzer der Produktionsrahmen ist und je mehr Arbeiter benötigt werden, desto höher steigen die Kosten. Auch in einem Niedriglohnland wie China ist es ökonomisch nicht sinnvoll, noch weitere 100.000 Mitarbeiter zur Produktion eines Smartphones zu rekrutieren. - Logistische Höchstleistungen
Millionen von Displays, Akkus und Gehäuseschalen müssen taggenau abrufbar sein. Die Produktionsabläufe müssen im Vorfeld ausreichend auf Blockaden hin untersucht werden. Und schlussendlich müssen im Vorfeld ausreichend Kapazitäten für den Transport (LKW, Flugzeug, Schiff) gebucht werden. Verzögerungen in diesem Bereich wären absolut schädlich für die Verkaufszahlen. - Gefahr von Streiks, Produktionsausfällen wegen Feuer oder anderen Katastrophen
In der Produktion drohen einerseits rein menschliche Ausfälle wie Streiks oder Massenpandemien. Andererseits können auch Unwetter oder Feuer für einen massiven Produktionsverlust sorgen. Für solche Ereignisse gibt es keine alternativen Szenarien. Schlussendlich können nicht so viele iPhones wie geplant verkauft werden.
Apple konzentriert sich alljährlich auf seine große iPhone-Show. Der ganze Konzern und die Hersteller arbeitet auf dieses eine Datum hin. Alles muss zu 100 Prozent perfekt sein. Fehler werden nicht nur nicht toleriert, sie sind im Ablauf auch nicht eingeplant. Solange alles in geordneten Bahnen läuft profitiert nicht nur Apple mit gesenkten Kosten sondern auch mit Umsatzrekorden. Was schlussendlich wieder von den Aktionären honoriert wird. Das „was wäre wenn“ mag man sich gar nicht vorstellen. Binnen weniger Tage könnte sich der Aktienkurs halbieren und den Konzern in ein finanzielles Fiasko reißen.
Mit steigenden Verkaufsmengen steigt auch die Gefahr eines Ausfalls. Gründe für eine Niederlage gibt es viele. Da nutzt es dann auch nicht viel, wenn Manager wegen Fehlern gehen müssen. Apple konzentriert sich auf gefährliche Art und Weise auf ein einziges Modell und einen einzigen Tag im Jahr. Vielleicht wäre es langfristig die sichere Alternative, den ganzen Tamtam zu entzerren. Beispielsweise mit einer „second edition“ immer im Frühling.