Ein unmoralisches Angebot: die Steuersünder-CD

Die politische Bühne hat dieser Tage ein großes Diskussionsthema. Es geht um eine Daten-CD eines ehemaligen Mitarbeiters der HSBC-Bank, welche offenbar Datensätze von vielen Steuerhinterzieher beinhalten soll. Auffällig rund um die Nachricht ist die rechtliche Einordnung. Es geht in allen Medien meist um eine „Steuersünder-CD“. Nie oder recht selten ist dabei das Wort der Steuerhinterziehung zu lesen. Die Medien nehmen somit schon vorab eine Haltung ein, welche ihnen an sich gar nicht zusteht. Und dann sind da noch die Gewissensbisse bei unseren Regierenden. Die einen sind dafür, die 2,5 Millionen Euro für diese Daten-CD zu zahlen; die anderen sind strikt dagegen. Lohnend könnte der Kauf der CD allemal sein. Es wird von Steuereinnahmen von ca. 400 Millionen Euro gemunkelt.

Juristisch gesehen, ist es nicht Aufgabe und Zweck der Regierung (Leglislative), für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen. Dafür gibt es Staatsanwaltschaften und Gerichte. Und schon gar nicht ist es Aufgabe der Regierung, selbst die Exekutive zu spielen. Als ausführendes Organ ist in Deutschland immer noch die Polizei oder in schlimmeren Fällen der Verfassungsschutz oder Nachrichtendienst zuständig.  Die Politiker in den Regierungskreisen profilieren sich mit einer Rolle, die ihnen inhaltlich gar nicht zusteht. Aber mit einem solch medienwirksamen Thema kann man das eigene Ansehen stärken  – wenn auch auf recht zweifelhafte Weise.

Ein ganz anderes Thema ist die Beschaffung der Steuerdaten-CD. Die Bundesrepublik erwirbt offiziell ein Diebesgut. Und sie unterstützt offiziell den Diebstahl, den der Ex-Angestellte bei seiner Bank vollzogen hat. Wenn es sich in den gewissen Kreisen rum spricht, dann lässt sich mit dem Absaugen von heimlichen Bankdaten demnächst ein lohnendes Geschäft machen. Der Klau von Bankdaten als Geschäftsmodell – unterstützt und finanziert durch die Bundesrepublik Deutschland. Wenn zwei etwas Unrechtes tun, dann ist es noch lange nicht das selbe.

Mann kann daher leicht verstehen, dass die Schweizer (Bevölkerung) dezent allergisch auf diesen Deal reagiert. Man sieht das offizielle Bankgeheimnis in Gefahr. Und viele sehen auch das komplette und lukrative Bankgeschäft in der Schweiz in Gefahr. Wenn Bankkonten in der Schweiz nicht mehr sicher sind, werden die Steuersünder sich eben andere Steueroasen suchen. Luxemburg und das Fürstentum Liechtenstein freuen sich sicherlich über die unangenehmen Nachrichten der Schweizer Kollegen.
Doch ist die Aufregung unter den Schweizern wirklich so berechtigt? Die Schweiz ermöglicht es durch ihr System erst, dass Geld in das kleine Eidgenossenschaftsländchen abgeschoben wird. Der deutsche Fiskus schaut in die (dunkle) Röhre und im Alpenland freut man sich darüber, dass man die Tresen in den Banken mit Marmor auskleiden kann. In dem einen Land wird eine Straftat begangen und in dem anderen Land hält man das Deckmänntelchen des Schweigens darüber – höchst offiziell und ohne böse Absichten. Doch jedem Bankangestellten ist klar, woher das Geld kommt und wieso es in die Schweiz transferiert wurde. Nennt man so etwas nicht Beihilfe zu einer Straftat? Prinzipiell schon, aber die Schweiz ist nicht Mitglied in der EU. Wie praktisch fürs moralische Gewissen.

Und was ist, wenn das nur eine Finte ist? Gut möglich ist dies allemal. Denn wer als Steuerhinterzieher jetzt noch schnell eine Selbstanzeige abgibt, kann die juristischen Folgen abmildern. Finanzminister Schäuble gibt in den letzten Tagen mehrmals den Hinweis auf die Selbstanzeige. Sollte es gar keine Steuersünder-CD geben, so ist der Erfolg für die Finanzministerien dennoch gegeben. Und vielleicht bekommt ein „Schauspieler“ für einen medienwirksamen Auftritt eben zwei Millionen Euro dafür, dass er/sie erzählt, eine Daten-CD mit Bankdaten erstellt zu haben.
Schlussendlich löst diese Daten-CD das grundsätzliche Problem nicht. Solange es auf dieser Welt immer noch viele Steueroasen gibt, solange werden Menschen mit hohem Einkommen versuchen, ihr Geld ins Ausland zu schaffen. Man könnte auch unser Steuersystem revolutionieren, doch dies möchte die politische Elite nicht. Schließlich möchte man es sich mit seinem „Freundeskreis“ nicht verscherzen. Also bleibt man dabei, dass man ab und an eine Daten-CD erwirbt, um ein paar „Idioten“ dingfest zu machen.

Please wait...

Ein Kommentar

  1. „Juristisch gesehen, ist es nicht Aufgabe und Zweck der Regierung (Leglislative), für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen. Dafür gibt es Staatsanwaltschaften und Gerichte. Und schon gar nicht ist es Aufgabe der Regierung, selbst die Exekutive zu spielen.“

    Autsch. Die Regierung ist die Exekutive, und zwar inkl. Staatsanwaltschaften. Legislative wären die Parlamente.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.