BER-Flughafentest: da kommste rum in der Welt

Am 3. Juni beginnt für Berlin und Brandenburg ein neues Zeitalter. Dann eröffnet der Flughafen BERBerlin Brandenburg, Beiname Willy Brandt. In den letzten Wochen vor der Eröffnung werden auf dem neuen Airport umfangreiche Tests durchgeführt. Schließlich muss alles ab dem ersten Tag fehlerfrei funktionieren. Die Brisanz ist enorm, schließlich sollen später im Schnitt ca. 20 Millionen Fluggäste pro Jahr in BER abgewickelt werden.

Für die Tests zeichnet sich die Münchner Firma ORAT-Consulting (Operational Readiness and Airport Transfer) verantwortlich. ORAT ist eine Tochterfirma der Flughafen München GmbH. ORAT wurde quasi aus der Not gegründet, als 1992 der alte Flughafen in Riem ins Erdinger Moos zum neuen internationalen Flughafen umziehen musste. Mit den damals gewonnenen Erfahrungen hat man mittlerweile schon vielen Flughäfen erfolgreich beim Umzug helfen können: Abu Dhabi, Athen, Bangkok oder auch Kuala Lumpur.

Die Nacht vom 2. auf den 3. Juni wird schon jetzt die „Nacht der Nächte“ genannt. Es werden sich über 600 LKW und Tieflader auf den 35 Kilometer langen Weg von Tegel nach Schönefeld machen. Für diesen Megaumzug wird der südwestliche Bereich der Stadtautobahn für diesen Abend komplett gesperrt. Und es muss alles umziehen, was wenige Stunden zuvor am 42-Jahre alten Tegler Flughafen noch in Benutzung war.

Doch bevor es am neuen BER losgehen kann, testen Komparsen den Flughafenbetrieb. Von Mitte Januar bis Mitte Mai werden über 10.000 Testteilnehmer die unterschiedlichsten Situationen erproben. Dies reicht vom gewöhnlichen Check-In, geht über den Sicherheitsbereich bis zum schlussendlichen Boarding.

Am  31. März konnte ich selbst an einem dieser Tests teilnehmen. Mit ca. 700 weiteren Komparsen übten wir einen Ansturm, quasi alle auf einmal. Los geht es mit dem Shuttlebus auf die Baustelle. ORAT-Komparsen tragen zur Identifikation immer einen grünen Bauhelm und eine neongrüne Weste. Schick ist etwas anderes, aber darum geht es ja nicht. Angekommen am Terminal geht es ganz ordinär los. Ein Fluggast reist meist mit Gepäck, also heißt es erst einmal „Koffer fassen“.

Nun bringt man als Komparse nicht sein eigenes Reisegepäck mit. Es wird einem ein oller Koffer zugeteilt. Und mit oller Koffer meine ich wirklich olle Dinger. Man sieht es ihnen förmlich an, dass sie bereits viele Tests hinter sich haben. Um auf das typische Gewicht eines Reisegepäcks zu kommen, sind sie mit Kleidungsstücken oder Verpackungsmaterialien gefüllt. Alter Schlüpper und Karton gehen auf die Reise – wie romantisch.

Ich schnappe mir gleich zwei Koffer, weil ich bin ja ein ganzer Kerl. Wohin geht es überhaupt? Auf meinem Ticket steht „Moskau“. Mit Air-Berlin AB1906 um 11:45 Uhr von Gate D12. Also auf zum Check-In, um die ollen Koffer schnell wieder los zu werden. Aber es war ja sonnenklar, ich bin nicht der einzige Fluggast nach Moskau. Anstehen!

Die freundliche Dame vm Air-Berlin Check-In macht mich darauf aufmerksam, dass ich Übergepäck habe. Die lieben Verwandten in Moskau haben auch immer so viele Wünsche. Sie drückt ein Auge zu und druckt die Koffer-Labels. Aber dann: „Sie müssen hier noch unterschreiben, dass dieser Koffer beschädigt ist.“ Ich beschwichtige Sie, dass ich mich garantiert nicht beschweren werde.

Die Koffer sind abgeben, also auf zum Sicherheitscheck. Hier gibt es einen Kritikpunkt, den wahrscheinlich noch viele Fluggäste verwirren und nerven wird. Um das Sicherheitspersonal zu entlasten, muss man die Schalen für das Laufband selber aufnehmen. Dazu „parkt“ auf Kniehöhe unter dem Band eine dieser schwarzen Boxen. Dies registriert man aber erst, nachdem das Sicherheitspersonal einen per Fingerzeig darauf aufmerksam gemacht hat und man eine fragende Denkpause eingelegt hat. Hier versucht man Effektivität mit Selbständigkeit zu erschlagen.

Vieles ist noch Baustelle. Dies sieht man ganz besonders im Duty-Free hinter dem Sicherheitsbereich. Hier müssen die Handwerker in den letzten ach Wochen noch etwas Gas geben. Auf der anderen Seite funktionieren zumindest die Anzeigetafeln. Für den Flughafentest sind diese auch wichtiger als Kippen und Parfum.

Hier hatte nicht etwa ein Graffiti-Künstler den Mut, das Wort „Polizei“ an die Wand zu sprayen. Später wird an dieser Stelle ein Schild auf den Bundesgrenzschutz aufmerksam machen.
Ich lasse mich dadurch nicht beirren und mache mich auf die Suche nach meinem Gate. Eines ist jetzt schon sicher: am neuen BER-Flughafen muss man endeutig mehr Zeit mit einplanen. Solch kurze Wege wie in Tegel gibt es in Zukunft leider nicht mehr. Alleine das vordere Main-Pier hat eine Gesamtlänge von 750 Meter.

Nach einem gefühlten Kilometer Fußmarsch, hinter 10 Türen und 100 Treppenstufen erreiche ich endlich mein Gate D12. Auf der Anzeigentafel wird auch bereits mein Flug nach Moskau angezeigt. Leider gab es zum Test nur das einfache Bus-Boarding. Eben dieser Bus bringt uns dann auch wieder zum Sammelpunkt und Mittagspause ist angesagt. Wie im Flugzeug gibt es jetzt einen kleinen Snack. Der große Vorteil zum Flugzeug: man kann sich im Freien die Füße vertreten.

Im Hintergrund sieht man die Fluggastbrücke #14, an welcher später der Airbus A380 halten kann. Die Brücke ist größer gebaut wie die anderen, da der A380 auch ein bisschen größer ist als alle anderen Flieger. Zudem durfte der Berliner Künstler Olaf Nicolai dort sein Kunstobjekt „Gadget“ installieren. 66 übergroße und beleuchtete Kugeln mit einem Durchmesser von jeweils 1,5 Meter hängen von der Fahrgastbrücke herunter.

Hier ein Blick vom Innern des Main-Pier (Terminalgebäude) auf die Fluggastbrücke #14. Im Flugbetrieb wird diese Brücke vom Gate A17 und C17 erreichbar sein. Auffällig sind die beiden langen „Arme“, die den bis zu 550 Passagieren eines A380 ein zügiges Be- und Entsteigen ermöglichen.

Zurück zum Test. Die zweite Runde beginnt. Dieses Mal geht es nach München mit Lufthansa. Das selbe Spiel wie bereits zuvor: Koffer aussuchen, auf zum Check-In, Leibesvisitation im Sicherheitscheck und dann wieder die spannende Suche nach dem passenden Gate.
Manche Stellen sind leider noch etwas suboptimal gestaltet. So erkennt man zum Beispiel erst beim Zurückgehen, dass es hinter dem Treppenabgang zum gesuchten Gate geht. Aber man ist zm Glück nicht alleine in dem riesigen Terminal. Die neongrünen ORAT-Westen begegnen einem auf Schritt und Tritt.

Wieder nach einer halben Ewigkeit erreiche ich das Gate B24. Der Flug LH8133 nach München ist auch bereits nach wenigen Minuten zum Einsteigen bereit.

Es erfolgt wieder das obligatorische Bus-Boarding und die Fahrt zur Sammelstelle. Abschließend noch zwei Blicke vom Vorfeld. Auf dem nächsten Bild sieht man die Fahrgastbrücken #1 bis #11.

Auf dem letzten Blick sieht man das riesige Vorfeld, welches ab dem 3. Juni wohl kaum mehr so leer sein wird. Im Hintergrund steht der imposante 72 Meter hohe BER-Tower der Deutschen Flugsicherung (DFS). Die Mitarbeiter nahmen dort bereits am 25. März ihre Arbeit auf. Derzeit wird ein Doppelbetrieb auf den beiden Towern (BER und SXF) durchgeführt.

Ab dem 3. Juni 2012 kann sich jeder Fluggast selbst ein Blick vom neuen Berliner Flughafen machen. Ich war rundum begeistert. Das neue Terminal ist nun wirklich einer Großstadt würdig. Keine Betonplatten des über 40 Jahre alten Tegler und keine billigen Metallhütten des Schönefelder Flughafens mehr. Holzoptik und helle Steinplatten sind das Gesicht des neuen Airports.

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