Spiegel-Titel aus dem Chemiebaukasten

DER SPIEGEL betitelt seine 10. Ausgabe mit Die Lebensmittel-Lüge. Abgebildet ist eine Pommespackung, welche an ein McDonalds Produkt erinnern soll. Wie bei Zigarettenpackungen üblich klebt auf der Pommespackung der etwas sinnfreie Hinweis „Essen kann tödlich sein„. Kommentiert ist das Bild mit der Unterschrift: „Die Suchtmacher – Fettig, salzig, süß: Wie Lebensmittelkonzerne uns verführen.“  Man ist fast geneigt zu sagen, der Spiegel hat ein investigatives Thema gefunden. Jedoch leider nur fast.

Copy: Spiegel-Verlag
Copy: Spiegel-Verlag

Wenn man zu lange nur Veggie-Burger in der Mittagspause isst, können massive Stimmungsschwankungen die Folge sein. Und wenn der Betriebsarzt festlegt, dass der Kaffee nur noch mit Stevia gesüßt werden darf, dann ist die Revolution nicht mehr weit. In der Spiegel-Redaktion muss offensichtlich eines von beidem eingetreten sein. Vielleicht war auch nur ein Kollege angewidert über den intensiven und charakteristischen Burger-Geruch. Man weiß es nicht.

Fakt ist, so zumindest die Aussage von Ernährungsexperten und Verbraucherschützern, dass die Lebensmittelbranche systematisch die Fresssucht schüren würde. Die Kritiker der „Ernährungspolizei“ fordern die Konzerne auf, dass un­gesunde Lebensmittel reglementiert werden sollten wie Tabak oder Alkohol. Schuld sind quasi immer die anderen. Nicht der Verführte sollte über sein Handeln nachdenken sondern der Verführer muss in die Schranken gewiesen werden.

Tabak und Alkohol sind nachweislich anerkannte Drogen. Zwar können auch Süßstoffe oder Fette eine Art Sucht auslösen, aber sie sind deswegen noch lange keine Drogen. Auch macht es einen entscheidenden Unterschied, ob ein Alkoholabhängiger täglich einen Liter Rotwein trinkt oder jemand 3000 Kilokalorien schluckt. Die vielen Kalorien werden nur bei mangelnder Bewegung ein Problem. Der Rotweintrinker hat jedoch bereits mit der vielen Bewegung ein Problem.

Und was heißt hier eigentlich, die Industrie würde uns mit fettigem und süßem Essen verführen? Stammen diese Weisheiten aus Veganer-Familien oder kennen die Spiegel-Autoren keinen leckeren Kaiserschmarren aus Omas Rezeptebuch? Schmeckt ein Grünkernbratling ernsthaft besser als eine Boulette? Risotto mit Pfifferlingsoße klingt auch lecker. Aber Rinderrouladen mit Spätzle ist ebenso eine Wucht. Und ein Sahneeis lässt jedes Fruchtsorbe kalt dastehen.

Wir sind es, die die „ungesunden“ Lebensmittel lieben. Fett ist ein (wichtiger) Geschmacksträger. Zucker reagiert im vorderen Bereich der Zunge, welcher gleichzeitig der sensibelste ist. Und auch ohne Salz schmeckt so manche Kost einfach nur öde. Man kann sich selber kasteien und auf viele leckere Geschmacksexplosionen im Mund verzichten. Oder man verfällt den Lockungen der Lebensmittelindustrie bzw. dem eigenen Kochherd. Wer sich nach einem leckeren Mahl ausreichend bewegt, kann auch Schweinehaxe mit Bratkartoffeln essen.

Beim Lesen einer Spiegel-Ausgabe verliert man übrigens weniger Kalorien als beim Kochen am Herd. Und raten Sie mal, bei welcher der beiden Tätigkeiten ein Glas Rotwein besser aufgehoben ist.

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