Rechter Terror in Deutschland – sind Sie auch schockiert?

Spiegel-Online titelte gestern „Zwickauer Zelle: Republik im Schockzustand„. Von September 2000 bis April 2006 gab es in Deutschland neun sogenannte Döner-Morde. Von Rostock bis München starben in diesem Zeitraum neun Besitzer von Döner-Imbissbuden. Bis vor wenigen Tagen tappten die Ermittlungsbehörden (vollkommen) im Dunkel. Dies änderte sich am 4. November diesen Jahres, als in einem Wohnmobil bei Eisenach zwei der damaligen Täter erschossen aufgefunden wurden. Seit diesem Tage kommen immer weitere Informationen ans Licht.

Die Presse hat nun ein perfektes Thema gefunden: rechter Terror, brauner Terror, braune Zelle, Nazi-Trio, nationalistische  Untergrundkämpfer und so weiter. Die Überschriften gleichen dabei einem Würfelspiel aus dem braunen Ideologiewortkasten. Jede Kombination wird genommen. Doch nicht nur die Täter sind jetzt im Zielfeuer der Presse, auch der Verfassungsschutz bekommt Kritik zugeschrieben. Wie konnte es sein, dass fast 10 Jahre kein Fahndungserfolg zu verbuchen war, wie kamen die Täter an legale Papiere, usw. Damit ein Artikel über die Döner-Morde zum ultimativen Thema wird, muss man noch den Leser mit einbeziehen: Deutschland ist schockiert.
Geht es nur mir so, oder denkt sich das die Presse nur aus? Im Spiegel-Forum wird bereits munter geheuchelt, dass der Schockzustand wohl eher (nur) beim Redakteur zu finden ist. Jeder, mit welchem ich bis jetzt über dieses Thema geredet habe, findet nicht sonderlich viel Schockierendes an den Morden. Sie sind zu verurteilen und etliche hätten eventuell verhindert werden können. Auch kann darüber diskutiert werden, ob es noch mehr gewaltbereite Rechtsextremisten im Land gibt. Doch wohl niemand ist überrascht darüber, dass bei 80 Millionen Einwohner es seltene Ausnahmen gibt. Das ist weder schockierend noch sonderlich neu.

Mit rechter Ideologie beschäftigt sich die Presse gern. Weil zum einen sich dabei niemand groß wehren kann und zum anderen der Großteil der Bevölkerung – nach außen hin betrachtet – sich gegen rechte Gewalt stemmt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen wie die brennende Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen aus dem Jahre 1992. Damals war das Volk wirklich schockiert; aber weniger um die rechte Gewalt sondern dass alle mehr oder weniger tatenlos zugeschaut haben. Damals 1992 .. da hatte man im Osten wohl gerade andere Sorgen als ein paar in Not geratene Asylbewerber.
Mit den Döner-Morden kommen Analogien zur RAF oder zur „Bewegung 2. Juni“ auf. Nur ist es dieses Mal kein Linksextremismus sondern rechtes Gesinnungsgut. Dies macht das Terror-Bashing noch einfacher, weil rechtsextreme Gewalthandlungen noch weniger geduldet werden als linksextremistischer Terror. Aber wahrscheinlich liegen die Handlungen schon zu weit zurück, als dass sich das Volk daran groß echauffieren könnte und wollte.

Da die Döner-Morde nun plötzlich wieder aktuell sind, kommen auch die üblichen Themen wieder zurück. Muss man die NPD verbieten? Muss der Verfassungsschutz stärkere Arbeit mit V-Leuten betreiben? Sind wie generell ausreichend geschützt gegen Terror? Auf alle Fragen lässt sich eine gemeinsame Antwort geben: Nein! Ein NPD-Verbot kann man politisch anstreben, jedoch vertreibt man damit nicht automatisch die rechten Gedanken, welche viele manche Leute in sich tragen. Es gibt ausreichend Verbote in unserer Gesellschaft, welche trotz Verbot ständig gebrochen werden. Auch der Einsatz von weiteren V-Männern ist nicht ratsam. Denn schließlich erweitert jede zusätzliche Person in der Gruppe die Stärke der selben. Und einen umfassenden bzw. absoluten Schutz vor Terror gibt es nicht. Ab einem gewissen Pegel wirken sich Kontrollen und Überwachung gar negativ auf die Bevölkerung und deren Gefühl von Sicherheit aus.

Ich bin nicht schockiert über die Taten. Sie sind grausam, zu verachten und zeugen von einer gewissen absonderlichen Normalität einer Gesellschaft. Was mich eher schockiert sind die Reaktionen der Presse. Denn statt aufklärerisch zu berichten, verwickelt man sich und die Bevölkerung in eine Art Nazi-Hass, der in dieser Form gar nicht existiert.

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