Behördenrufnummer 115 ODER staatliche Finanzierung für Firmen

Die Telefonnummer 115 dürfte bald so bekannt sein wie der Polizeiruf 110 oder die Rettung 112. Mit der überall erreichbaren 115 erreicht man allerdings kein Noteinsatzteam sondern ein besseres Callcenter der Behörden.Ein ehrenwerter Ansatz unserer Regierung, den Behördengang so einfach wie möglich zu machen. Doch durch einen Anruf bei der 115 erübrigt sich nicht der lästige Gang zur Behörde.

Was kann dieser Bürgerservice?
Geklärt bzw. beantwortet können

  • Einfache Anfragen: z.B. nach Öffnungszeiten, Adressen, Zuständigkeiten, etc.
  • Qualifizierte Anfragen: Weiterleitung an einen bestimmten Sachbearbeiter – deutschlandweit
  • Einfache Aufträge: z.B. das Zusenden einer Lohnsteuerkarte
  • Meldungen mit Bezug auf öffentliche Sicherheit und Ordnung

Was bringts?
Keine Ahnung. Wenn der gewünschte Sachbearbeiter gerade in der Mittagspause steckt oder auch einfach mal für zwei Wochen im Urlaub weilt, nutzt der beste Bürgerservice nichts. Denn in der Verwaltung lautet immer noch das Credo: für alles gibt es einen Sachbearbeiter; und Vertretungen sind nicht vorgesehen.
Und ob es für das Nachfragen zu Öffnungszeiten wirklich eine einheitliche Servicenummer braucht? Mir scheint, hier wird der Bock zum Gärtner gemacht. Mit einem immens hohem Aufwand müssen alle Öffnungszeiten, Adressen, Zuständigkeiten, etc. in einer Datenbank zusammen getragen werden.
Und was passiert, wenn es Rückfragen gibt? Meldet sich dann der bestimmte Sachbearbeiter oder wieder das Callcenter? Wie verwirrend wird es sein, mit noch mehr Stellen in Kontakt zu treten?
„Ach, ich bin jetzt nicht im Call-Center?“
„Nein, Sie sind gerade mit dem Finanzamt Charlottenburg, Abteilung Gewerbesteuer, verbunden worden.“
„Aber ich wollte doch zum Bürgeramt Neukölln .. wegen dem neuen Ausweis.“
„Na da hat Sie der Kollege im Call-Center wohl falsch verbunden. Versuchen Sie’s einfach nochmal.“
Wieso weshalb warum?
Ist dieser deutschlandweite Bürgernotruf wirklich dringend notwendig? Oder wurden hier nur die Wünsche der Industrie befriedigt? Oder wurden nur die halbgaren Ideen einer weniger Politiker umgesetzt?
Schaut man sich einmal an, wer hinter dem Bürgertelefon steckt, so kommt man das ISPARAT Institut (Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration & Technologie). Schirmherr ist Ministerpräsident Roland Koch. Interessant ist die Liste der kooperativen Gründungsmitglieder von ISPARAT (u.a.):
IBM, CSC, Accenture, Dataport AöR, Fujitsu Siemens Computer, Hewlett Packard, Microsoft, Cisco Systems, McKinsey&Company, Inc., Taylor Wessing, Freshfields, Bruckhaus & Deringer, Goetzfried AG und SAP.
Das komplette Who-isWho der deutschen IT-und Consulting-Landschaft.

Wem bringts wirklich was?
Die oben aufgelisteten Firmen arbeiten natürlich nicht fürs Allgemeinwohl der deutschen Bürger. Jede Firma vertritt ihre eigenen finanziellen(!) Ziele. Man fragt sich nun natürlich gerechtfertigt, wieso all diese hochrangigen Firmen sich zu den Gründungsmitgliedern des ISPARAT zählen.
Lobbyarbeit auf höchstem Niveau? Oder ist es gar ein Zeichen, dass der Staat ohne die Großunternehmen nicht mehr kann? Oder können die Dinosaurier der Branche ohne den Staat nicht (mehr)?

Es klingt stark nach Interdisziplinärer Verquickung.

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