Kollateralschäden in Afghanistan

Wieso sind die Deutschen Soldaten in Afghanistan und verteidigen dort unser Land? Dies fragen sich wohl viele Deutsche, nachdem innerhalb von zwei Wochen weitere 4 Soldaten ums Leben gekommen sind. Die Soldaten verteidigen dort unten ja auch nicht die Bundesrepublik Deutschland sondern werden für Stabilisierungsmaßnahmen und den Wiederaufbau eingesetzt. Wenn ich solch hohlen Wortphrasen höre, wird mir schon vom Zuhören schlecht. Es hat auch Jahre gedauert, bis aus humanitärer Hilfe die kriegsähnlichen Zustände wurden. Schlussendlich ist es nun doch „umgangssprachlicher Krieg“ – laut Verteidigungsminister Gutenberg. Da bekommt man doch einen Schwindelanfall, wenn man sieht wie geschickt sich ein Politiker nach dem anderen sich um das Wort Krieg herum windet.

Wenn es um humanitäre Hilfe gehen würde, hätte man auch eine Hundertschaft vom Technischen Hilfswerk nach Afghanistan schicken können. Aber nein, das ging ja nicht, weil dort unten der Terror lauert. Die Osamas und Talibans hausen dort in Höhlen und narren die ganze westliche Welt mit ihren Äußerungen. Und der doofe Westen springt auf diese Provokationen auch noch an. Nun ja, die Höhlenmenschen haben es einfach nicht anders verdient. Die sitzen auf riesigen Ölfeldern, eine wichtige Ölpipeline fließt durchs Land und ganz schön viel Opium wird in Afghanistan angebaut. Außerdem tragen alle Männer lange Bärte und diese komische Kopfbedeckung. Da muss man eingreifen – möglichst mit Waffengewalt. Denn die westliche Kultur wollen die Halbaffen ja auch nicht annehmen. Undankbares Volk. Und alle sind immer auf Stress aus.
Und seien wir mal ganz ehrlich: das beste Mittel für die Industrie ist immer noch ein ordentlich geführter Krieg. Da lässt sich immer noch gutes Geld damit machen. Waffen, Ausrüstung, Flugzeuge, Schiffe, Panzer – alles was das Kriegerherz bewegt. Und hinten rum kann man dem überfallenen Land auch noch Wirtschafts- und Aufbauhilfe anbieten. Das sorgt für einen zweiten Schub bei der Industrie. Alleine die USA haben seit 2001 mehr als 1.000.000.000.000 Dollar (= 1 Billion) in die Kriege im Irak und Afghanistan „investiert“. Gigantomanie wie sie seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr stattgefunden hat.

Eine prima Sache, wäre da nur nicht dieses blöde K-Wort. Zum Glück gab es bis vor kurzem nur bei den Amis die vielen Toten. Es sind ja „nur“ 5.300 Soldaten gestorben und mehr als 36.000 Verletzte zu beklagen. Das sind doch Peanuts. Die Deutschen sollen sich mit ihren 8 Toten mal nicht so haben. Aber wahrscheinlich sind die amerikanischen Soldaten einfach eine Spur durchgeknallter und leichtsinniger. Ist halt doch schon irgendwie wie Counter-Strike – nur leider ohne Revival. Das sagt man den Jungs nur vorher nicht. Den meisten wäre diese intellektuelle Information wohl auch zu hoch. Ballern und Töten. Das reicht als Grundwissen.

Tja, so ist das bei einem umgangssprachlichen Krieg. Und irgendwie ist es auch ein bisschen gerecht. Zuerst töten die Deutschen ungerechtfertigt fast Hundert Afghanen, und dann erwischt es eben 8 von unseren Soldaten. Was haben wir uns da  aber auch von den Amis in eine blöde Situation reinquatschen lassen. Mal ein bisschen in Afghanistan für Ruhe und Ordnung sorgen – und natürlich die Terrorzellen zerstören. Das wäre schon alles gewesen. Und was ist daraus geworden? Umgangssprachlicher Krieg. Das klingt für mich wie kollateralartige Schäden oder verfeindete Friedensbemühungen. Umgangssprachlicher Durchfall muss wohl so ähnlich sein.

Mister Gutenberg steht mit dem Rücken zur Wand. Er hat ein blutiges Abonnement  von seinem Vorgänger übernommen. Die vielen toten Soldaten kommen auch zur denkbar ungünstigen Zeit. Kurz vor der ach so wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sind solche Bad-News wirklich nicht zu gebrauchen. Dem Volk gut zureden, nur nicht das böse K-Wort verwenden und so tun, als würde man mit noch größerer Unterstützung die Lage in Afghanistan wieder in Ordnung bringen können.

Verdammt, wir führen Krieg gegen ein fremdes Volk, welches uns zu keinem Zeitpunkt angegriffen hat oder es jemals vorgehabt hätte. Es müssen wohl noch ein Dutzend deutsche Soldaten zusätzlich sterben, damit die Volksseele erst so richtig überkocht. Die linientreue BILD-Zeitung, das Unterschichten-Sprachorgan unserer Bundesregierung, formulierte den Angriff so: „Getroffen von einer Rakete, abgefeuert von feigen Taliban-Terroristen.“ Keine einziges Wort der negativen Kritik ist in den BILD-Medien zu lesen. Nur dass unsere Bundeswehr schlecht ausgerüstet sei, und dass dieser Vorfall zeige, dass sich daran schleunigst etwas ändern müsse. Sich einfach zurück ziehen geht ja leider nicht – wegen den Amerikanern. Das ist alles eine derart umgangssprachliche Scheiße.

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