Die größten Gefahren im Dschungelcamp

Jedes Jahr im Januar gibt es „beim RTL“ einen bezahlten Survivaltrip für ein paar deutsche Prominente. Und jedes Jahr aufs Neue sieht der deutsche Feuilleton das Abendland in Gefahr. Die Presse macht sich Sorgen über Zickenzoff und Niedertracht. Bei der Süddeutschen hat man für das TV-Event eine Sonderseite eingerichtet und Spiegel-Online zelebriert das Quotenhighlight mit täglicher Berichterstattung. Man verdient am TV-Konsum wo es eben nur geht.

Man kann darüber streiten, ob das Niveau der Sendung kreativ hoch oder phantasielos niedrig ist. Fakt ist zumindest, dass ein spezielles TV-Angebot sein breites TV-Publikum gefunden hat. Die Einschaltquoten lagen bereits über 50 Prozent und damit so hoch wie bei Fußballspielen unserer Nationalmannschaft. So schlecht kann dieser TV-Trash dann doch wieder nicht sein, auch wenn es eine ferne Bildungselite anders sehen mag. Der Boulevard dreht den Spieß um und nennt es Voyeurismus-Fieber. Wer eine solche Sendung als Voyeurismus bezeichnet, muss allerdings auch die Kriegsberichterstattung in den Nachrichten als solche einstufen.

Amüsieren kann man sich mal wieder über so manchen Camp-Bewohner so wie über viele Zuschauer, die das Format von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ immer noch nicht verstanden haben. Camp-Promi Larissa Marolt dachte: „Das is in nem Studio irgendwo. Is aber net.“ Um es für alle nochmals zu wiederholen: Ein Team von circa 400 Personen, bestehend aus Kameraleuten, Technikern, Redakteuren und Sicherheitsmitbeitern sorgt zwei Wochen lang für Unterhaltung aus Australien.
Das Camp liegt wenige Autominuten von Murwillumbah entfernt. Auf den Luftbildern ist zu sehen, dass wenige Meter entfernt Ackerflächen bewirtschaftet werden. Dass man im Fernsehen viele Palmen und grünes Gewächs sieht, liegt zweifelsfrei an den tropischen Temperaturen. Man darf jedoch nicht vergessen, dass ein Team für den entsprechenden Dschungel-Look sorgt. Das Camp ist ein großes TV-Studio im Freien. Und wo sich ein TV-Studio befindet, sieht es auch aus wie in einem Studio: Scheinwerfer, Kameras, Kabel, viele Menschen.

Eine Schlange verirrt sich in eine solch zivilisierte Gegend ebenso selten wie ein Fuchs in eine Wohngegend. Auch die Ekelprüfungen sind prinzipiell nicht abstoßend. Es ist nur unsere Kultur und unser Verhalten, die darauf einen Ekel projizieren. Wir essen aus Gewohnheit keine Maden oder Rinderaugen. Jedoch fragen Sie mal einen Asiaten, was er von Dickmilch oder einem Harzer Käse hält. Früher lagen noch viel öfters Kutteln, Leber oder Hirn auf dem Teller. Doch „dank“ Fastfood-Burger entfernen wir uns immer mehr von natürlichem Essen und entwickeln eine Abneigung gegen blutige und wabblige Innereien.

Die Camp-Promis sind zu keiner Zeit einer echten Gefahr ausgesetzt. Never, never, never! Zum einen weil das Fernsehteam dafür sorgt, dass nirgendwo Gefahr für Leib und Seele besteht. Zum anderen weil es sich RTL nicht leisten kann, sollte einem Camper etwas ernsthaftes zustoßen. Dies wäre das Aus für diese Sendung. Die größte Gefahr für die Promis sind sie selber. Langeweile und Hunger schlagen nach wenigen Tagen aufs Gemüt und lassen selbst den größten Medienprofi zum Nervenbündel werden.

Schlafen im Freien ist anstrengend. Ständig hört man fremde Geräusche, nervöse Mitbewohner stören zusätzlich durch Panikattacken, und man muss sich an den strikten Tag-Nacht-Rhythmus gewöhnen. Als Grundnahrung gibt es pro Tag 70 Gramm Reis und 70 Gramm Bohnen. Bewegen kann man sich innerhalb weniger Meter. Und ab und zu wird man von einem Kamerateam in eine Ecke gedrängt, um ein kleines Statement abzugeben. That’s it. Und dies für 14 Tage.

Dass sich dabei Zickenkriege entwickeln und irgendwann auch strategische Machtspielchen beginnen, liegt im Sinne des Sendekonzeptes. Dies macht die Sendung schlussendlich sehenswert. Auch die Promis sind medienerfahren genug zu wissen, dass sie dies im Camp erwarten wird. Außer man ist absolut blauäugig und denkt, dies wäre ein echter Dschungel und abends wenn die Kameras aus sind, wird das große Buffet reingefahren.

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